Logo: Region Braunschweig, Ostfalen

Wolfenbüttel: Stadt

  


Wolfenbüttel - das ist eine ehemalige Residenzsstadt, deren historisches Stadtbild fast geschlossen erhalten geblieben ist. Neben dem welfischen Schloss finden sich etliche sehenswerte Einzelbauten aus Renaissance und Barock. Hinzu eine erstaunliche Zahl von kulturellen Einrichtungen mit großer Ausstrahlung, u.a. das Wohnhaus von G.E. Lessing.
Hauptort des gleichnamigen Landkreises, rund 55.000 Einwohner. Günstig zur nahen Großstadt Braunschweig gelegen; sehr ausgedehnte Neubauviertel.

Geschichte

Wolfenbüttels ganz große Zeit umfasst rund zwei Jahrhunderte: als Residenz eines Fürstentums, gefördert durch einige tatkräftige und nicht selten auch kunstsinnige Herzöge. Seitdem diese 1753 ihren Sitz endgültig nach Braunschweig zurück verlegten, begann ein langer Dornröschenschlaf - allmähliche Wiedererweckung im späten 19. Jahrhundert.

Erstmals findet der Name Wolfenbüttel 1118 Erwähnung: in einer Urkunde wird ein Widekindus von Wulferesbutle als Zeuge aufgeführt, den wir durchaus als den Herrn einer Burg ansehen können. Einige Jahrzehnte später wird um diesen Platz bereits gekämpft, wobei die Welfen letztlich das Feld behaupten. Die spätere Entwicklung ist dann nur in Hinsicht auf das nahe Braunschweig zu verstehen. Die Welfen, seit 1267 in mehrere Familienlinien gespalten, verloren in der “Stadt Heinrichs des Löwen” zunehmend an Terrain und konnten schließlich den Braunschweiger Burgbezirk nicht mehr nutzen - die Geschichte einer allmählichen Verdrängung.

Die Wolfenbütteler Welfen-Linie, wenn wir diese Bezeichnung als Vorgriff wählen, nahm zunächst wechselnde Burgen als Aufenthaltsort. Erst seit 1432 tritt die Rolle Wolfenbüttels als dauerhafte Residenz hervor, ein Vorgang, der mit der allmählichen Ausbildung einer festen Hofhaltung verbunden ist. Am Ende des 15. Jahrhunderts beginnen die Versuche der Herzöge, die Stadt Braunschweig wieder ihrer Botmäßigkeit zu unterwerfen: trotz wiederholtem Einsatz militärischer Mittel bis 1671 ohne Erfolg. In dem hier entscheidenden Jahrhundert von etwa 1570 bis 1670 sollte Wolfenbüttel aus einer recht bescheidenen Siedlung im Vorfeld einer starken Schlossfestung zu einer städtischen Konkurrenz gegenüber Braunschweig entwickelt werden. Ein äußerst kühner Plan.

Als eigentlicher Gründer der Stadt Wolfenbüttel muss Herzog Julius (1568-1589) gelten, der sich entsprechend abfällig über die vorhandene Bebauung äußerte. “Schnurrichtige, räumige Straßen” sollten jetzt entstehen; die vorhandenen Häuser wurden abgerissen.

Das heutige Wolfenbüttel repräsentiert noch in weiten Teilen die damals planmäßig angelegte Renaissance-Stadt, was ihr eine besondere Stellung innerhalb der deutschen Stadtbaugeschichte sichert. Soweit man erkennen kann, wurde vom Herzog ein Planungsstab zusammengerufen, der neben Theoretikern auch erfahrene Wasserbauer aus den Niederlanden umfasste. Die Hauptachsen der neu angelegten “Heinrichstadt” zielten alle auf die gewaltigen Festungsdämme und wurden als Grachten angelegt, was heute noch an der Reichsstraße indirekt abzulesen ist. An den wichtigeren Straßen entstanden sehr geräumige Wohnbauten für Hofbeamte, Offiziere und Kaufleute, während die Nebenstraßen für das kleinere Gewerbe vorgesehen waren. Bezeichnenderweise wurde ein Rathaus, trotz der 1570 verliehenen Stadtrechte, erst später in einem der Bürgerhäuser eingerichtet. Die Stadt blieb, auch in den folgenden Ausbaustufen, ein Geschöpf der Herzöge.

Die Nachfolger von Herzog Julius fügten dem Stadtgebilde eine Vorstadt im Osten hinzu, zunächst unter dem Namen “Gotteslager” projektiert, und im Westen die Auguststadt, die Kennzeichen einer durchdachten Planung verrät, ohne dabei in starren Schematismus zu verfallen. Der Stadtausbau fand gegen Mitte des 18. Jahrhunderts sein Ende, da 1753 die herzogliche Residenz von Wolfenbüttel nach Braunschweig verlegt wurde. Innerhalb kurzer Zeit sank die Einwohnerzahl von etwa 12.000 auf die Hälfte herab. Dies war das Wolfenbüttel Lessings, das ziemlich still dalag, aber einen großen Schatz einstiger Blüte bewahrte: die Büchersammlung der Herzöge, die man zeitweilig als achtes Weltwunder angesehen hatte.

Die Herzog August Bibliothek, eine bedeutende Forschungsstätte zur Geschichte der frühen Neuzeit, ist mittlerweile zum Kristallisationskern für weitere Einrichtungen geworden, denen - wie etwa die Bundesakademie für kulturelle Bildung - eine nationale Ausstrahlung zukommt. Auch das Stadtbild, das mehrere hundert Fachwerkhäuser im geschlossenen Bestand aufweist, trägt dazu bei, dass Wolfenbüttel heute eine große Attraktivität für Gäste und Besucher besitzt.

Landschaft

Wolfenbüttel und Braunschweig sind miteinander durch die Talung der Oker verbunden. Die landschaftliche Situation und die Lage zum Fluss, genauer gesagt: zu dessen überschwemmungsgefährdeter Aue, unterscheiden sich jedoch beträchtlich.

Für Braunschweig war die Einengung der sumpfigen Aue entscheidend, die einen sehr kurzen Furtweg ermöglichte. In Wolfenbüttel hingegen dehnt sich die Fluss-Aue über fast 500 Meter Breite aus, und gerade diese Tatsache wurde für die Anlage einer ersten Wasserburg entscheidend: je größer der Sumpf, desto schwieriger musste eine feindliche Annäherung ausfallen. Natürlich erfordert der Zugang eine Wegebefestigung, einen Damm, der dann später den Ansatzpunkt für den Siedlungsausbau bilden konnte. Die ältesten Teile Wolfenbüttels, zwischen Auguststadt und Juliusmarkt, liegen jedoch vollständig in der Flussniederung, was bis heute einige Probleme verursacht.

Während Braunschweigs nähere Umgebung flach ausgebreitet ist, wobei wir vom Nussberg östlich der Stadt einmal absehen, so umziehen Wolfenbüttel bereits deutlich ausgeprägte Randhöhen. Diese erlauben an verschiedenen Punkten einen guten Überblick über die gesamte Ansiedlung.



Bilder prägen Bewusstsein! Vermissen Sie bestimmte Fotomotive? - In diesem Programm gelten andere Maßstäbe als in der touristischen Stadtwerbung. Zumindest einige Aspekte der alltäglichen Lebenswelt sollten mit den Fotos eingefangen werden.

Die oben eingestellten Bilder beschreiben einen Weg vom Holzmarkt (St. Trinitatis), über die Kanzleistraße zum Stadtmarkt (Denkmal für Hz. August d.J.), dann Krambuden und eine Szene am Schlossplatz.




Lage und Weg


Wolfenbüttel liegt 10 Kilometer südlich von Braunschweig (Messpunkt jew. Rand der Innenstadt). Ortsorientierung, Stadtbesichtigung:

Von Braunschweig kommend erreicht man Am Herzogtore den alten Zugang zur Stadt und Festung Wolfenbüttel. Wer Wolfenbüttel näher kennenlernen möchte, sollte zunächst versuchen, den Marktplatz zu erreichen, zum Beispiel über die Lange Herzogstraße oder über den sehr repräsentativen Straßenzug Holzmarkt, Reichsstraße, Kornmarkt (beginnend an der Trinitatiskirche; dazu unten). Vom Marktplatz, mit seinem sehr erstaunlichen “Reiterdenkmal”, geht es über die Gasse Krambuden durch einen Bereich, der in der ersten Planung noch von fester Bebauung freigehalten war, um Schussfeld für die Kanonen der Dammfestung zu gewinnen. Nach rechts sollte man einen Abstecher zu einem ganz malerischen Ausblick auf einen der Wasserläufe nicht versäumen (“Klein Venedig”). Dann öffnet sich der weite Schlossplatz mit der barocken Schaufront des Schlosses, die von dem älteren Hausmannsturm überragt wird. Auf der rechten Seite erstreckt sich das gewaltige Zeughaus, einst die Waffenkammer der Herzöge.

Im Schlossmuseum kann in vierzehn reich ausgestatteten Gemächern die höfische Wohnkultur der Barockzeit nachempfunden werden. Zwischen Schloss und Bibliothek befindet sich das Lessinghaus. Das kleine Museum ist den Wolfenbüttler Jahren des Dichters Gotthold Ephraim Lessing gewidmet, der von 1770 bis zu seinem Tode 1781 als Leiter der Bibliothek verpflichtet war und zuletzt auch in diesem Gebäude wohnte. Lessing fühlte sich von Beginn an etwas einsam in Wolfenbüttel, nutzte jedoch die Situation zu ausgiebigen Studien und zur schreibenden Tätigkeit. In Braunschweig, wo er begraben liegt, unterhielt er eine kleine Zweitwohnung, um dort am kulturellen Leben teilzunehmen. Im Wolfenbütteler Lessinghaus werden heute wesentliche Aspekte seines Lebens vorgestellt.

Einen internationalen Ruf genießt die Herzog August Bibliothek (August d.J., reg. 1635-1666). Die Bibliothek verfügt über einen kostbaren Bestand von Handschriften und besitzt zahlreiche seltene Werke aus der Anfangszeit des Buchdrucks; sehenswerte Dauerausstellung. Unter den Museen ferner zu erwähnen das Braunschweigische Landesmuseum mit seiner Abteilung Vor- und Frühgeschichte in der Kanzleistraße (nähe Marktplatz). Die Sammlung der Landesarchäologie ist übrigens im ehemaligen Regierungsgebäude des Herzogtums untergebracht; hier residierte der Kanzler, der Anfang des 17. Jahrhunderts ein Gebiet von Halberstadt bis Minden zu verwalten hatte.

Bei einem historischen Stadtrundgang darf der Straßenzug Kornmarkt - Reichsstraße nicht fehlen, der über eine schmale Verbindung vom Marktplatz aus zu erreichen ist. Die außerordentliche Breite geht auf die Anlage einer mittleren Gracht zurück. Daneben finden wir südlich die Marienkirche, die zu den ersten protestantischen Kirchbauten in Deutschland gehört (Paul Francke, ab 1604). Die Bauunterhaltung bereitet allerdings wegen des sumpfigen Untergrundes bis heute enorme Probleme. Als festliche Kulisse für den sich anschließenden Holzmarkt dient die barocke Trinitatiskirche (Hermann Korb, ab 1716), die in ihrer Disposition mit den seitlichen Durchfahrten an das ehemals hier befindliche Kaisertor erinnert.



Literatur


Der vorliegende Text ist - mit einigen Kürzungen - übernommen aus:
Stefan Jacobasch und Robert Slawski, Mit dem Rad rund um Braunschweig, 3., neu bearb. und erw. Auflage, Braunschweig: Zelter Verlag, 2004




Region Braunschweig • Ostfalen. Bildungs- und Informationsprogramm.    Impressum
Verfasser dieser Seite: Robert Slawski
http://www.region-braunschweig.de/kartei/wolfenbuettel-stadt.html, Stand: 15.12.2005