
Grundsätzlich stehen die Chancen schlecht für die Archäologie im Bereich der Lössbörde zwischen Braunschweig und Hildesheim. Die ertragreichen Böden werden seit dem hohen Mittelalter in intensiver Weise genutzt, und wo der Pflug drüber geht, verwischen sich Bodenzeugnisse älterer Kulturen ziemlich schnell. Übrig bleibt dann bestenfalls eine gewisse Fundkonzentrationen. Neben einigen Sonderstandorten, zum Beispiel bei Abdeckung durch Schwemmlöss, wirkt allein der Wald dauerhaft schützend. Dessen Anteil wird erst im nördlichen Randbereich der fruchtbaren Börde etwas größer. Tatsächlich lassen sich in den Waldungen rund um Groß Ilsede Hügelgräber in bemerkenswerter Anzahl erkennen. Der bekannteste Fundpunkt ist der Adenstedter Lahwald. Von den fast 80 festgestellten Grabhügeln ist ein gutes Drittel untersucht worden. Die Ergebnisse weisen auf eine erstaunlich lange Belegungsdauer, die sich (mindestens) von der mittleren Bronzezeit bis in die ältere Eisenzeit erstreckt.
Das "Lah" dient heute den Adenstedter Alt- und Neubürgern als Naherholungsgebiet; das alte Dorf liegt westlich, das Naubauviertel südlich des Waldes. Wir schließen uns den Spaziergängern an. Über mangelnde Information ist nicht zu klagen, Tafeln unterrichten über die prähistorischen Zeugnisse. Allerdings ist festzuhalten, dass die Adenstedter Bevölkerung stets großen Anteil an den Ausgrabungen in ihrem Wald genommen hat. Und auch die Neubürger waren in gewisser Weise einbezogen, da sich der jüngste Teil des Gräberfeldes bis auf "ihr" Terrain erstreckte. Nun scheint es aber doch wichtiger, die rund 1 Meter hohen Hügel selbst in Augenschein zu nehmen. Nach kurzer Zeit hat sich der Blick geschärft und man ist in der Lage, weitere Hügel auch ohne Lageplan zu erkennen. Dann lenken wir die Schritte in östliche Richtung, um weitere "Fakten" zu sammeln: bald ist eine steile Böschung erreicht und ein riesiger See liegt vor Augen, der ersichtlich keinen natürlichen Ursprung besitzt. Es handelt sich um einen gigantischen Sandabbau der Ilseder Eisenbergwerke, die dieses Material für die Verfüllung alter Stollen benötigten. Hier liegt der Gund für die Ausgrabungstätigkeit von 1951 bis 1955.
Zur Beurteilung des Gräberfeldes stehen hauptsächlich die Ergebnisse der 1950er Jahre zur Verfügung, von denen jedoch ein beträchtlicher Teil schlecht dokumentiert ist (einige Grabungsberichte sind verschollen). In den meisten Hügeln fand sich als Erstbestattung eine Aschen-Urne. Daneben kam aber auch die Einzelbestattung in einem Baumsarg vor. Spärliche Beigaben weisen auf Verbindungen mit dem Lüneburger Raum. Eine zeitliche Gliederung kann durch die Art der Bestattung und die Keramik erfolgen, wobei sich eine Altersschichtung von West nach Ost abzeichnet. Der Übergang zur Eisenzeit wird im Südosten, im Randbereich des Waldes, erreicht. In dieser Zeit beginnt man, auf einen bergenden Hügel gänzlich zu verzichten ("Urnengräberfeld"). Deswegen, und weil hier bereits ehemalige Feldflächen erreicht sind, ist es um die Erhaltungsbedingungen in dem nachfolgenden Zeithorizont relativ schlecht bestellt.
Nach diesen Befunden entsteht vor unserem geistigen Auge ein ausgedehnter Totenhain, der einen beträchtlichen Teil des heutigen Lahwaldes einnahm. Die ansässige Bevölkerung bewahrte die Funktion und Nutzung dieses Friedhofes über mindestens fünf Jahrhunderte.
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