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Landkreis Gifhorn, nördlich von Ehra-Lessien

Der Bickelstein

Ein rätselhaftes Steinmonument

Epoche: ?
Zeitstellung: ?



Sogenannte Findlinge, große Steinblöcke aus skandinavischem Material, sind in den eiszeitlich geprägten Gebieten Norddeutschlands keine Seltenheit. Die großen Steine fanden als Baumaterial für Hünengräber (Großsteingräber, Megalith-Gräber) Verwendung. Aber es kommen auch heute noch einzeln liegende Blöcke vor. Der Bickelstein bei Ehra trägt rätselhafte Gravuren, die ihn aus der Sphäre der Geologie hinausführen und in einen kulturellen Zusammenhang stellen.

Ehra liegt im südöstlichen Teil der Lüneburger Heide, rund 20 Kilometer nördlich von Wolfsburg. Die Landschaft wird durch ausgedehnte, leicht wellige Sandplatten geprägt, stellenweise auch Dünen. Die Dörfer liegen weit voneinander entfernt, die Landwirtschaft blieb über Jahrhunderte äußerst mühsam und brachte nur geringe Erträge. Der Bickelstein liegt auf einem Sandrücken inmitten von trockenem Kiefernwald. Aber bereits die Frage, ob der Block hier seinen ursprünglichen Ort besitzt oder ob er von Menschen hierher transportiert wurde, lässt sich (einstweilen) nicht beantworten.

Zu den "harten Fakten" gehören die Gravuren, sie sind eindeutig auf menschliches Wirken zurückzuführen. Beschreibt man die Zeichen mit geläufigen Begriffen, so erkennt man mehrere Hufeisen und gleichschenkelige Kreuze. Richard Andree hat von der erstgenannten Form 7 und von der zweiten 9 Einmeißelungen zeichnerisch festgehalten (1901, 394). Die Nordwestseite erscheint heute aber verändert, 4 Zeichen sind nicht mehr zu erkennen. Eine Befragung durch Andree in den umliegenden Dörfern ergab seinerzeit, dass man "Überarbeitungen" an den undeutlich gewordenen Zeichen vorgenommen hatte. Das macht die Sache nicht gerade einfacher, denn formenspezifische Details könnten eben auch auf die Nachbesserungen zurückgehen.

Weiteren Überlegungen noch am ehesten zugänglich ist das Kreuzmotiv, das man als christliches Zeichen kennt. Sollte es einen vermeintlich älteren Zauber, den man diesem Stein zumaß, abwehren? Handelt es sich um eine vorchristliche Kultstätte, die ganz im Sinne der Christianisierung unter Karl dem Großen "entschärft" wurde? Das klingt pausibel, aber selbstverständlich lassen sich sofort einige Einwände vorbringen, zum Beispiel die Tatsache, dass die "Kreuze" räumlich nicht auf die "Hufeisen" bezogen sind, sondern in ihrer Anordnung einem anderen Muster folgen. Ebenso wäre zu fragen, worin der Sinn liegen sollte, christliche Kreuze hinzuzufügen, wenn es doch als ebenso leicht oder schwierig erscheint, die vermeintlich älteren Zeichen zu tilgen. Und vor allem: Könnten diese Linien nicht auch in einen gänzlich anderen symbolischen Zusammenhang gehören? - Bei all diesen Fragen bleibt derzeit nur die Gewissheit, dass die Möglichkeiten moderner Untersuchungsmethoden noch keineswegs ausgeschöpft sind.

Die Benennung als "Bickelstein" bietet das geringste Problem. Darin scheinen die Wörter "picken" und "pickern" auf, was als ein Bearbeiten von hartem Material mittels eines kräftigen Werkzeuges zu verstehen ist (als Werkzeug: "Der Pickel"). Es handelt sich dann um die passende, sprachlich leicht verschliffene Bezeichnung für den Stein mit den eingehauenen Zeichen.


Bild 1: Der Bickelstein, davor die hellen Sande der Südheide als eiszeitliche Hinterlassenschaft. Eines der Kreuze ist schwach zu erkennen.

Bild 2: Kreuzzeichen, darüber hufeisenförmige Einkerbungen.

Bild 3: Der Bickelstein, heute auf einer Lichtung, umgeben von Kiefernwald. Die Landschaftsbilder vergangener Zeiten müssen wesentlich anders ausgesehen haben: wahrscheinlich ein Eichenhain mit Übergängen zur Heidelandschaft, vielleicht zeitweise sogar Wacholderheide.



Lage und Weg


Lage: Zielpunkt rund 20 km nördlich von Wolfsburg, im Waldgebiet zwischen Ehra-Lessien und Boitzenhagen.

Weg: Die Landstraße von Ehra in Richtung Boitzenhagen, knapp 4 km (Merkpunkt: die Hochspannungsleitung verschwindet nach links im Wald). Dort rechts ein Waldweg [P]. Diesem 200 m folgen (Ost), dann Fußpfad im spitzen Winkel nach links (Nordost), auf dem nach 50 m der Stein und ein umgebender Platz erreicht ist.

| Kartenwerkzeug Darstellung dieser Besuchsstation


Informationsbasis


Gedruckte Literatur
Andree 1901, 392-396 (sachliche Erörterung, genaue Zeichnungen, Sagen zum Bickelstein); Lauer 1979, 144-145 (mit weiteren Literatur-Angaben); Delfs 1991, 136-137
Vollständige Nachweise in der Literaturliste


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Autor dieser Seite: R. Slawski
http://www.region-braunschweig.de/archaeo/ao-ehra-01.html, Stand: 3. Dezember 2004