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Landkreis Ohrekreis, bei Haldensleben

Megalithen im Haldenslebener Forst

Mehr als 80 Großsteingräber ...

Epoche: Jungsteinzeit
Zeitstellung hier: etwa 3500 / 3000 v.Chr.



Der Haldenslebener Forst birgt die größte Konzentration von Großsteingräbern im mittleren Europa. Welche Zahl man angibt, hängt an den zugrundegelegten Kriterien. Über 80 dieser monumentalen steinernen Anlagen werden als erhalten bezeichnet, fast 50 weitere gelten als nachgewiesen. Räumlich ist dabei eine Zone gemeint, die knapp 5 x 5 km westlich und südwestlich der Stadt Haldensleben umfasst. Das Terrain ist heute überwiegend bewaldet, meistens Kiefernbestände. Der sogenannte Gräberweg versucht, den BesucherInnen eine größere Zahl der Bauten vorzustellen. Deren Ansicht reicht von der nur mühsam zu entdeckenden Steinplatte im Waldboden bis zum vollständig rekonstruierten Kammergrab. Einige besonders anschauliche Monumente tragen Namen, zum Beispiel "Teufelsküche". Beim Forstort Küchentannen, nicht weit entfernt von einem kleinen Bachtal, häufen sich die gut erkennbaren Zeugnisse.

Der Gräberbezirk ist bereits zu DDR-Zeiten an einigen Stellen genauer untersucht worden. Bei den Anlagen handelt es sich zumeist um Ganggräber, die damit einen wiederholt nutzbaren Zugang besaßen. Die Grabkammern können beträchtliche Längen erreichen; umgebende Steinsetzungen, sogenannte Hünenbetten, zeigen die aufwendigste Form der möglichen Ausgestaltung. Als Problem erwies sich, dass die Fundinventare ziemlich dürftig ausfielen, eine Erscheinung, die man aber allgemein von den Megalithgräbern kennt. In seiner Breite ist dieser Befund wohl auf Nach- und Neunutzung zurückzuführen; dabei kann man alle Übergangsformen von der Bereinigung bis zur Beraubung annehmen.

Die kulturelle Zuordnung erfolgt über die geborgenen Tonscherben, von denen eine Gruppe als altmärkische Tiefstichkeramik bezeichnet wird. Es gibt jedoch Anzeichen, dass hier (zeitweilig) eine gewisse Durchdringung, vielleicht auch ein Übergang zur Bernburger Kultur vorliegt, die nach Südwesten angrenzte.

An einem rekonstruierten Grab bei den Küchentannen entdeckten wir eine Informationstafel, die als Zeitstellung "um 3000 v.u.Z." auswies. Aus dem Sprachgebrauch der DDR übersetzt heißt das: "vor unser Zeitrechnung" und entspricht dem Terminus "vor Christi Geburt". Den hier sichtbaren Zeitgeist scheint aber ebenso die Bezeichnung "Kollektivgrab" zu verkörpern. Die Assoziation eines egalitären Sippen- und auch Begräbnisverbandes ist naheliegend. Der Beitext präzisiert dann eine solche Auffassung.

Wenn auch die größere Zahl der Fachwissenschaftler heute der These zuneigt, dass es sich bei den Megalithgräbern um Kult- und Totenstätten von bäuerlichen Sippen handelt, so ist doch auch die Deutung als Fürstenbegräbnis mit einigem Nachdruck vertreten worden. Dabei haben die einen die Vielzahl an Individuen als fortlaufend erfolgte Nachbestattungen, die anderen als dem Fürsten mitgegebenes Gefolge interpretiert. Kurioserweise heißt aber die stattlichste Anlage im Haldenslebener Forst "Königsgrab", was der Sachbeschreibung der Gräber durch die DDR-Wissenschaft genau entgegensteht. Soll man daraus folgern, dass sich die untergegangene sozialistische Republik doch eine gewisse Pluralität leisten konnte?


Bild 1: Das berühmteste Grab im Bereich "Küchentannen", was als Bezeichnung für ein bestimmtes Waldstück dient. Gut zu erkennen ist die Teilung in Umfassungssteine und eigentliche Grabkammer, auf deren Decksteinen die Kinder sitzen.

Bild 2: Es handelt sich um ein "Ganggrab": Ein Gang führte unter dem überdeckenden Erdhügel bis an die Grabkammer heran, der Verschluss konnte bei Bedarf entfernt werden, die Kammer blieb damit zugänglich.

Bild 3: Manche der Gräber im Haldenslebener Forst sind nur noch schwer zu erkennen. Hier geben bemooste Steine einen schwachen, letztlich aber eindeutigen Hinweis.

Bild 4: Um wenigstens eine Ahnung von der ungeheuren Fülle an Megalithgräbern in diesem Bezirk zu vermitteln, noch eine dritte Grabanlage, die wiederum - auch durch Mithilfe der Forstverwaltung - recht gut auszumachen ist.



Lage und Weg


Lage: In einem großen Waldgebiet südwestlich von Haldensleben; etwa abzugrenzen durch die Orte Süplingen, Bebertal und den Ortsrand der Stadt Haldensleben. Die Großsteingräber, die unterschiedliche Erhaltungszustände aufweisen, verteilen sich dort über eine zugängliche Fläche von rund 3 x 3 km. Sie liegen meist in erkennbaren Gruppen beieinander.
Weg: Man hat sich auf einen längeren Fußweg einzustellen, da das Gebiet mit KFZ nicht befahren werden darf. Geeignete Alternative: das Fahrrad. Wege sind ausgeschildert, wobei besonders der "Gräberweg" zu empfehlen ist. In dessen Verlauf gelangt man in den Forstbezirk Küchentannen, wo ein rekonstruiertes, sehr eindrucksvolles Großsteingrab zu besichtigen ist.
| Kartenwerkzeug Darstellung dieser Besuchsstation


Informationsbasis


Gedruckte Literatur
Herrmann 1989(2), 406-408; Beier 1991, 116 (Karte 10) und 154-161; Beier 1995
Vollständige Nachweise in der Literaturliste


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Autor dieser Seite: R. Slawski
http://www.region-braunschweig.de/archaeo/ao-haldensleben-01.html, Stand: 3. Dezember 2004