Den meisten Zeitgenossen klingt der Name Marienborn noch im Ohr: die DDR-Grenzkontrollstelle nahe Helmstedt, erste oder letzte Station beim kürzesten Transit nach West-Berlin. Annähernd unbekannt geblieben ist das Dörfchen selbst und seine Umgebung. Neben ausgedehnten Waldungen bieten sich gleich eine ganze Reihe von kulturgeschichtlichen Überraschungen, unter anderem der sogenannte Opferstein.
Die Tatsache, dass große Steinblöcke unbekannter Zweckbestimmung zum Gegenstand der örtlichen Sagenwelt aufrückten, ist bekannt. Wenn man nicht den Teufel selbst am Werke sah, so stellt doch die Deutung als heidnischer Opferplatz auch eines der oft gebrauchten Verständnismuster dar. Und was findet man nun im Wald nordwestlich des Dorfes vor, d.h. an der Stelle, die in der Karte mit "Opferstein" bezeichnet ist? Drei große Steinplatten, von denen die südliche ziemlich seltsame, etwa kopfgroße Höhlungen aufweist. Das Material ist nach Augenschein Knollenquarzit, in dem bauchige Ein- und Auswölbungen nicht gerade selten sind. Von der Lage der drei großen Steine her könnte es sich um die Deckplatten eine Megalith-Grabes handeln. Gestützt wird diese Vermutung durch die knapp sichtbare Oberkante eines vierten Steines, der wie der Tragstein des ersten großen Blockes erscheint (Beier 1995, Abb.10, gibt den Befund "Großsteingrab" als gesichert an).
Der Forst Marienborn und der angrenzende Forst Harbke ist unter Prähistorikern als Megalith-Bezirk inzwischen bekannter geworden, denn bis 1989 gehörten diese Waldungen aufgrund der nahen Grenze zur "verbotenen Zone". Der Wissenschaftler Hans-Jürgen Beier vermutet nun nach Ortsbesichtigungen, dass ein größerer Teil der feststellbaren Gräber in den Boden eingesenkt worden ist, was zusammen mit der geringen Länge der Kammern als eines der Kennzeichen für die "hercynische Megalithik" gilt, die sich in unserem Gebiet vor allem mit der Bernburger Kultur verbindet (Beier 1995). Der Lappwald und sein südöstlicher Randbereich wäre demzufolge als eine Übergangszone zwischen dem nordischen und dem mitteldeutschen Kulturkreis aufzufassen.
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