Archäologen respektive Archäologinnen sind meist ziemlich zurückhaltende Leute. Und insofern bleibt es dann auch einer Journalistin vorbehalten, die Rolle des Plateaus bei Quenstedt klarzustellen: "Wichtigster neolithischer Kultplatz im Gebiet der DDR" (Gisela Graichen, 1991). An der Stätte selbst weist nichts, wirklich nichts auf die Bedeutung dieses Platzes vor gut 6500 Jahren hin (Ortsbesichtigung im Spätsommer 2003). Wer sich aber mit den Zeichen, die das Relief selbst bietet, ein wenig auskennt, wird zumindest die besondere Lagegunst erkennen. Das erhöht liegende Plateau, ein gutes Stückchen größer als ein Fußballfeld, wird auf drei Seiten von ziemlich steilen Hängen eines Bachtales begrenzt. Zur vierten Seite, nach Nordosten, ergibt sich eine kleine Geländestufe, die in die leicht wellige Ostharzer Ackerlandschaft überleitet.
Die umfassende Ausgrabung auf dem Terrain erbrachte folgenden Befund: Durch höhere Pfosten waren insgesamt fünf "Kreise" gestaltet, von denen der äußere eine Durchmesser von ungefähr 100 Metern besaß (genau genommen waren diese Kreise aber nicht vollrund, sondern von leicht ovalem Grundriss). Drei offene Gassen führten auf das Zentrum der Anlage zu. Mehr als fünftausend Baumstämme waren verbaut worden.
Die Gassen, oder wie auch immer man diesen Befund bezeichnen will, boten dann auch den ersten Ansatz zu einer Deutung. Eine dieser Radialachsen war nämlich auf den Steilhang hin orientiert, so dass die Vermutung eines Zuweges ausscheidet. Nahe liegt dann der Gedanke, dass es sich um eine Sichtachse handelt, durch die astronomische Peilungen vorgenommen wurden. Nach recht verheißungsvollen Simulationen durch das Raumflug-Planetarium Halle kann die Anlage heute als eine Art Observatorium zur Beobachtung der Gestirne gedeutet werden. Diese zunächst technische Betrachtung sollte allerdings nicht den Blick auf die vielschichtigen Funktionen eines Kultplatzes verstellen. Der Datierungsansatz liegt bei etwa 4700 v.Chr.
Im europäischen Maßstab gesehen ergeben sich zeitlich recht enge Beziehungen zu zwei Rondell-Anlagen in Mähren und Niederbayern. Das aus Stein errichtete englische Stonehenge, das ganz ähnliche Aufgaben als Sternwarte bzw. als Sonnenheiligtum erfüllt haben dürfte, entstand in seinen ersten Anfängen rund 2000 Jahre später.
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