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Quedlinburg:
Aus der Geschichte


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An der Wiege des deutschen Reiches ...

Die Quedlinburg bildete sowohl ein befestigtes weltliches Herrschaftszentrum als auch einen eigenen geistlichen Bezirk. Die enge Verknüpfung dieser beiden Funktionen kann als geradezu typisch für den Auftakt des hohen Mittelalters gelten. Mit der Errichtung einer Familiengrablege wird die Seßhaftigkeit der Hochadelsfamilien vorbereitet. Die "Quitilingaburg" befand sich Anfang des 10. Jahrhunderts bereits in der Hand der sächsischen Ludolfinger, die zum Königsgeschlecht aufstiegen. Der Ort wird nicht selten als "Wiege des deutschen Reiches" bezeichnet. Die enge Verbindung zum Königshaus bestand unter den Saliern fort und begann sich erst unter den Stauferherrschern zu lockern. In der Zeit zwichen 922 und 1207 sind 69 Besuche von 16 deutschen Königen und Kaisern zu verzeichnen (Wäscher 1962, S.122). Der Burgberg besaß damals die Rolle einer Pfalz.

Eine Befestigung war auf dem Sandsteinfelsen bereits in vorgeschichtlicher Zeit vorhanden. Als gesichert kann eine Höhensiedlung der jüngeren Bronzezeit gelten. Unter den Germanen bestand hier wahrscheinlich eine Fluchtburg, während die zugehörigen Siedlungen im Tal lagen. Die Bodenfunde setzen dann aber für das 5.-7. Jahrhundert aus. Seit König Heinrich I. (919-936) wird die inzwischen wiedererrichtete Burg verstärkt und hatte in der Folgezeit manche Belagerung zu überstehen. Beispielsweise trotzte die Schwester Heinrichs IV., Äbtissin Adelheid, 1088 dem Angriff von aufständischen Sachsen. Kaiser Otto IV. (1198-1218) befahl in seinem Testament die Entfestigung des Platzes, der Abzug der Wachmannschaften scheint jedoch erst einige Jahre später erfolgt zu sein (1221). Allerdings büßte die Stiftsburg ihren militärischen Wert nicht vollständig ein, denn noch im 15. Jahrhundert pocht die Äbtissin auf die Wiederherstellung von Verteidigungseinrichtungen, nachdem die Bürger der Stadt im Kampf um ihre Unabhängigkeit nicht ganz unwesentliche Schäden angerichtet hatten.


... standen Frauen

Das Stift wurde zunächst an der älteren Burgkirche eingerichtet, die möglicherweise bis in die Karolingerzeit zurückreicht. Als erste Ausstattung diente das Wittum (Witwengut) der Königin Mathilde, die als Ehefrau Heinrichs I. den Aufbau des Stiftes betrieb. Die Bestätigung der Neugründung erfolgte 936. Besitz und Ansehen wuchsen rasch; die wenig später nach dem Hl. Servatius benannte Einrichtung beanspruchte den Ehrenvorrang unter den weltlichen Reichsstiften in Deutschland. Bei der heutigen Kirche auf dem Burgberg handelt es sich um den 4. Bau, der nach einer Brandkatastrophe ab 1070 errichtet wurde und bis heute in weiten Teilen erhalten ist. Die Weihe fand 1129 im Beisein König Lothars III. statt. Nachdem hier in Quedlinburg die Arbeiten norditalienischer Steinmetze baukünstlerische Akzente gesetzt hatten, verpflichtete Lothar einige Jahre später auch für seine Grabkirche in Königslutter, 20 km östlich von Braunschweig, Fachleute aus dem fernen Italien.

Die Geschichte des Stiftes Quedlinburg ist vor allem die Geschichte tatkräftiger Frauen. Die Abfolge der ersten Äbtissinnen liest sich wie der Stammbaum der deutschen Königshäuser, nur eben in seiner weiblichen Hälfte. Man muß sogar feststellen, daß die Reichsregierung zeitweise in den Händen der Quedlinburger Damen lag, wie etwa unter Äbtissin Mathilde, der Tochter Kaiser Ottos I., die 998/999 die Amtsgeschäfte für den in Italien weilenden König wahrnahm.

Ab dem 13. Jahrhundert finden sich häufiger Äbtissinnen aus regionalen Adelsfamilien, was zugleich den enger gewordenen Wirkungskreis des Stiftes beschreibt. Zu den letzten Vorsteherinnen, d.h. schon in evangelischer Zeit, gehörte eine Schwester Friedrichs des Großen.


Herrschaft über Stadt und Land

Die Voraussetzungen für den Aufbau einer eigenen Landesherrschaft lagen in der Immunität und in der Exemtion, die bereits in der Zeit Ottos I. erlangt wurden. Mit dem ersten Privileg erhielt das Stift die hohe Gerichtsbarkeit, das zweite Recht sicherte die Herauslösung aus dem zuständigen Bistum Halberstadt und die direkte Unterstellung unter den Papst. Zu einem zunehmendem Problem wurde die Vogtei über das Stift, die eigentlich den Schutz und die Rechtsvertretung zu sichern hatte. Die Vögte hielten sich schließlich für die eigentlichen Herren über Stift und Stadt Quedlinburg, was Anfang des 14. Jahrhunderts sogar zu militärischen Auseinandersetzungen führte. Das Geschehen gipfelte in der Gefangennahme des damaligen Vogtes, eines Grafen von Regenstein. Die "Schutzvogtei" verlor aber ihre Bedeutung nicht; sie sicherte den Brandenburgern seit 1698 die Territorialherrschaft (seit 1802 Eingliederung in den preußischen Staat).

Der Ort Quedlinburg hatte bereits 994 das Markt-, Münz- und Zollrecht erhalten. Die Bürger konnten seit dem 13. Jahrhundert in dem politischen Geflecht zwischen ihrer Stadtherrin, dem Stiftsvogt und dem Diözesanbischof in Halberstadt, der die Exemtion des Stiftes erst nach längeren Streitigkeiten anerkannte, ihre Selbständigkeit ausbauen. Nachdem man die Vögte teils friedlich, teils gewaltätig zurückgedrängt hatte, war der Weg frei für die Mitgliedschaft in der Hanse. Als stolzes Symbol für die städtische Freiheit galt die große Rolandsfigur am Rathaus. Diese Epoche endete jäh: Die Truppen der Äbtissin Hedwig, genauer gesagt: die ihrer kursächsischen Brüder, eroberten im Jahre 1477 die Stadt und stürzten den Roland. Die Stadt Quedlinburg nahm von da an eine eher gemächliche Entwicklung, was sich auch in der Zeit der Industrialisierung kaum änderte. Das Standbild des Roland wurde übrigens 1869 wieder aufgestellt.



Literatur
Wäscher 1962. Stolberg 1968. Historische Stätten, Provinz Sachsen Anhalt, 1987. Nachweise unter Burgen: Literatur.
Ferner sind folgende Titel zu nennen. Als Überblick zur Stadt- und Stiftsgeschichte: Städtische Museen Quedlinburg (Hg.), Das Schloßmuseum, Red. U. Wagner, Autoren B. Meixner et al., Quedlinburg 1989. Zu den Ereignissen von 1088: Gerold Meyer von Knonau, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., Bd.4, Leipzig 1903 (= Jahrbücher der Deutschen Geschichte).

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http://www.region-braunschweig.de/burgen/orte/quedlinburg90.html, Stand: 3. November 2005