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Vienenburg / Umgebung:
Aus der Geschichte


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Eine StrafexpeditionNach unten

Die VienenburgNach unten

Burg WiedelahNach unten


Eine Strafexpedition

Die Geschichte der Vienenburg kann nicht ohne den Seitenblick auf die nur 2 km nordöstlich gelegene Burg Wiedelah berichtet werden. Beide Anlagen sind ihrerseits in der Entstehung mit dem abrupten Ende der Harlyburg verknüpft, die sich bis 1291 in bequemer Sichtweite der beiden genannten Anlagen auf der steil abfallenden Ostkuppe des Höhenzuges Harly erhob. Der Bericht hat am besten dort zu beginnen.

Die kurze Existenz der Harlyburg, insgesamt nur 88 Jahre, ist von der schrifthistorischen Seite vergleichsweise gut belegt. Errichtet wurde die Befestigung seit dem Herbst des Jahres 1203 durch König Otto IV., der zum Krieg gegen das staufertreue Goslar rüstete; der Kampf endete schließlich 1206 mit der Einnahme und Plünderung der alten Kaiserstadt. Bauliche Reste sind außer den in den Fels geschlagenen Wehrgräben von der Burg nicht erhalten. Jedoch können wir aufgrund der hochherrschaftlichen Nutzung doch von einer recht ausgedehnten, wehrhaften und sicherlich auch repräsentativen Anlage ausgehen. König Otto weilte noch mehrfach hier. Nach seinem Tod gelangte die Harlyburg durch eine geradezu salomonische Verfügung, die zunächst die Entschädigung des enteigneten klösterlichen Grundeigentümers vorsah, in welfische Hände. Ende des 13. Jahrhunderts wird einer der Erbfolger, mit einem bezeichnenden Beinamen als Heinrich der Wunderliche benannt, vor dem Königsgericht beschuldigt, den von der Harlyburg ausgehenden Straßenraub geduldet oder gar gefördert zu haben. Die Strafexpedition von 1290/1291, an der sich auch seine welfischen Anverwandten beteiligten, gestaltete sich allerdings aufwendiger als erwartet: die Belagerung zog sich über 4 Monate hin. Nach Gerichtsbeschluß wurde die Burg vollständig abgetragen.


Die Vienenburg

Damit wären wir bei der Vienenburg angelangt, die der Überlieferung nach mit den vom Harlyberg fortgeschafften Steinen errichtet wurde. Sie entstand um das Jahr 1300 unter der Ägide des Hildesheimer Bischofs, wobei die Ausführung bei den Grafen von Wernigerode lag (eine Verbindung ergab sich damals bereits durch familiäre Bande). Im Verlauf der Hildesheimer Stiftsfehde fiel die Burg an Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1521/23); in den Vereinbarungen zum Ende des 30jährigen Krieges wiederum an Hildesheim (1643). Burg und Amt wurden dann von einem Landdrosten verwaltet, 1803 folgte die Umwandlung in eine Domäne (Staatsgut). Das Gelände dient jetzt unterschiedlichen Zwecken, im Ostbereich ist in angepaßter Bebauung ein neuer Wohnblock entstanden.

Das sehr ausgedehnte, in etwa kreisförmige Areal am Steilrand einer eiszeitlichen Flußterrasse wird heute noch von einer 1,0 m starken Mauer umschlossen. Es handelt sich dabei um die Umgrenzung der äußeren Burg. Fast mittig ist der runde Bergfried erhalten (8 m Durchmesser, gut 2,5 m Mauerstärke, 24 m Höhe). Ältere Pläne zeigen, daß nördlich vor dem Turm ein starkes rechteckiges Steingebäude lag. Stolberg sieht in dieser Baugruppe die Kernburg und vermutet, daß einst noch eine innere Befestigung mit eigenem Graben vorhanden war.

Die weit ausgreifende Rundform legt den Gedanken an eine vor- oder frühgeschichtliche Befestigung nahe, deren Gräben und Wälle im hohen Mittelalter für den Burgenbau erneut genutzt werden konnten (Stolberg 1968).


Burg Wiedelah

Die Entstehungsgeschichte der mittelalterlichen Burg Wiedelah verläuft parallel zur Vienenburg: sie entstand zwischen 1292 und 1297 mit den vom Harlyberg fortgeschafften Quadern. Als Bauherren treten die Ritter von der Gowische auf, die sich später ihre Aufwendungen vom Hildesheimer Bischof erstatten lassen. Die neuen Fakten sind nun offenkundig: das Hochstift gewinnt hier einen wichtigen Posten zur Sicherung seiner südöstlichen Grenze. Das Nachsehen hatten die Welfen. Die damals entstandenen territorialen Verhältnisse lassen sich über Jahrhunderte, zum Teil sogar bis in die Gegenwart anhand von Grenzziehungen verfolgen. Als Beispiel sei nur auf das nahe Bad Harzburg verwiesen, das bis 1946 zum Freistaat Braunschweig gehörte, während das Gebiet um Wiedelah / Vienenburg von Hildesheim bzw. Hannover aus verwaltet wurde (bis 1941, zuletzt zu Preußen).

Die Niederungsburg in Wiedelah erinnert in ihrer quadratischen Anlage an ein Kastell (35 x 38 m). Im Südtrakt ist der in seinen Mauerlinien noch erkennbare starke Bergfried verborgen, der allerdings nur noch seine Untergeschosse besitzt. Wichtig für die Baugeschichte ist, daß dieser Turm an seiner Außenseite in die das Kastell bildende 1,8 m starke Mantelmauer einbindet. Wir hätten mit dieser noch an drei Seiten vollständig erhaltenen Umfassungsmauer und dem Bergfried den ältesten Baubestand erfaßt. Der 30 m hohe, recht schlanke Nordturm gehört mit einiger Sicherheit in eine jüngere Bauphase.

Die weitere Geschichte ist durch die typischen Verpfändungen des Spätmittelalters geprägt. Dabei treten vor allem die von Schwicheldt hervor, die sich bühnenreife Eskapaden erlaubten. Nach ihrer ersten Vertreibung 1427 saßen sie drei Jahre später wieder auf der Burg. 1547 schlug ihnen endgültig die Stunde: Herzog Heinrich d.J., mittlerweile Herr über weite Teile des Hochstiftes Hildesheim, vertrieb sie endgültig und entschädigungslos. Die Umbauten der Renaissance, die bis heute das äußere Bild der Burg bestimmen, wurden unter der Familie von Quitzow ausgeführt (Bauinschriften 1595, 1602).

Die Burg Wiedelah befindet sich heute in Privatbesitz. Ein Betreten des Grundstückes ist nicht gestattet.



Literatur
Germer 1937. Stolberg 1968. Historische Stätten, Niedersachsen und Bremen, 1976. Dehio, Niedersachsen Bremen, 1977. Schultz 1989. Nachweise finden sich unter Burgen: Literatur.

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http://www.region-braunschweig.de/burgen/orte/vienenburg90.html, Stand: 3. November 2005