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Königslutter: "Kaiserdom"

  


Die ehemalige Klosterkirche St. Peter und St. Paul, der sogenannte Kaiserdom, kann als das berühmteste romanische Bauwerk des nördlichen Harzvorlandes gelten, das in seiner Bedeutung mit der Grablege der Salier in Speyer konkurrieren kann. Der stattliche Kirchenbau entstand auf Befehl Lothars III. - hier fand der Kaiser auch seine letzte Ruhestätte.

Die urkundliche Überlieferung fällt allerdings spärlich aus. Genaueres wissen wir von der Grundsteinlegung im Jahre 1135, die im Beisein Kaiser Lothars erfolgte; die Vorgeschichte, die Umwandlung eines bestehenden Augustinerinnenstiftes in ein mit Benediktinern besetztes Kloster, lässt sich in groben Zügen verfolgen.

Über die Bauplanung oder über die Baumaßnahmen im einzelnen existieren keine schriftlichen Nachweise. Es gehört zu den ganz großen Verdiensten der wissenschaftlichen Kunstgeschichte, mit ihren spezifischen Methoden diese Kenntnislücke gefüllt zu haben. Nach diesen vergleichenden Forschungen kann man jetzt sogar den leitenden Meister für die erste Bauphase angeben. Entscheidend dabei sind die Ostpartien des Bauwerks, die noch in sorgfältigster Großquadertechnik ausgeführt sind und von - bis dahin im Norden unbekannten - Großgewölben überspannt werden. Der Grundriss bildet einen Hauptchor und zwei Seitenchöre aus, die jeweils mit abschließenden Apsiden versehen sind. Gesonderte Apsiden finden sich auch an den Querhausarmen. Über der bildhaft gestaffelten Baumasse erhebt sich der Vierungsturm, dessen Ausgestaltung allerdings erst wesentlich später erfolgte.

Des Rätsels Lösung steckt in der Formensprache der sich im Halbkreis vorwölbenden Hauptapsis, die eindeutig eine Schulung an antiken Vorbildern verrät, die so nur in Italien erwachsen konnte. Als werkführender Meister, der zumindest zeitweilig persönlich anwesend war, kann nun Nikolaus von Verona genannt werden. Lothar muss diesen erfahrenen Baumeister auf seinem ersten Italienzug kennengelernt und auf seine heimische Planung verpflichtet haben. Untersuchungen an Bauten in Verona, Ferrara, Modena und weiteren Orten lassen den Kunstkreis des Nikolaus, sowohl Bildhauer als auch Architekt, deutlich hervortreten. Mit ihm und seiner Werkstatt beginnt in Niedersachsen eine neue Epoche, wobei deren Anregungen in vielfacher Weise weiterwirkten. Ob seine Gesellen später nach Goslar, Hildesheim oder Braunschweig überwechselten oder ob die Vorbilder von einheimischen Werkleuten übernommen wurden, lässt sich jedoch nur schwer bestimmen.

Meister Nikolaus war zugleich ein Schelm, der gern mit doppeldeutigen Motiven spielte. Der berühmte Jagdfries an der Hauptapsis, der in Bildern eine Jagd vorführt, die in ganz "verkehrter" Weise endet, legt davon Zeugnis ab. Hier auch finden wir eine spiegelverkehrte Inschrift: Sie bricht allerdings genau dort ab, wo der Künstlername folgen müsste. Und sogar die gewählten Worte sind mehrdeutig. - Am Dom sind weitere Spuren der norditalienischen Werkstatt aufzufinden, am deutlichsten wohl in der Gestaltung des Löwenportales und der Säulen im Kreuzgang. Wie man jetzt annimmt, sind diese Werke jedoch auf Vorrat gefertigt worden. Die Bauausführung nach Lothars Tod lief bald auf ein stark reduzierendes Verfahren hinaus, ohne dass man den Zeitpunkt dieses “Stilbruches” genau angeben könnte.

Der nicht mehr ganz junge Lothar starb auf seiner Rückkehr vom zweiten Italienzug nach kurzer Krankheit bei Breitenwang am Lech. Die Gebeine wurden nach Königslutter gebracht und in der Mittelachse seiner noch unvollendeten Kirche beigesetzt. Durch ergrabene Pfostenspuren ist belegt, dass man die kaiserliche Grablege mit einem hölzernen Überbau schützte. Zwei Jahre später wurde neben ihm der Hoffnungsträger der Familie, sein Schwiegersohn Heinrich der Stolze, weitere zwei Jahre später die Kaiserin Richenza beerdigt. Als einziger Erbe blieb sein Enkel Heinrich der Löwe.


Es sei noch angemerkt, dass Königslutter in unserer Zeit die Tradition des Nikolaus von Verona wieder aufgenommen hat: in Gestalt der deutschen Meisterschule der Steinmetze und Bildhauer, die früher direkt gegenüber dem Kaiserdom untergebracht war. Diese Räume werden jetzt von einem Museum genutzt, das neben anderem die mittelalterlichen Techniken der Steinbearbeitung vorstellt. Bei einer Besichtigung des Domes und seiner Umgebung sollte man die gewaltige Kaiser-Lothar-Linde, vielleicht noch zu dessen Lebzeiten gepflanzt, nicht auslassen. Sie befindet sich südlich der Kirche auf dem Gelände des Landeskrankenhauses, das sich der Pflege psychisch erkrankter Menschen widmet.





Lage und Weg


Königslutter 20 km östlich von Braunschweig. Der Kaiserdom liegt oberhalb des Städtchens, in Richtung Elm.



Literatur


Der vorliegende Text ist mit geringen Änderungen übernommen aus:
Stefan Jacobasch und Robert Slawski, Mit dem Rad rund um Braunschweig, 3., neu bearb. und erw. Auflage, Braunschweig: Zelter Verlag, 2004



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Verfasser dieser Seite: Robert Slawski
http://www.region-braunschweig.de/kartei/koenigslutter-dom.html, Stand: 22.12.2005