Im Elm, oberhalb von Königslutter und an vielen weiteren Stellen, trifft man bei Wanderungen auf inzwischen fast zugewucherte Kalksteinbrüche, die das Wirtschaftsleben der Frühzeit nicht wenig gefördert haben. Ein großartiges Zeugnis für die ältere Verwendung des Elm-Kalksteins ist der Kaiserdom über Königslutter, als Grablege für Kaiser Lothar III. errichtet. Neben dem heimischen Verbrauch war vor allem das mittelalterliche Braunschweig ein Großabnehmer, wovon die dortigen Stadtkirchen mit ihren hellen Mauern aus Muschelkalkstein Zeugnis ablegen. Für die ältere Zeit ist zu vermelden, dass ausgewählter Bildhauerstein sogar bis nach Bremen verfrachtet wurde, für die jüngere Vergangenheit ist dann die Zementherstellung zu erwähnen.
Die vielen Steinbrüche erlauben uns tiefere Einblicke in die Erdgeschichte. Dabei dient die Bezeichnung Muschelkalk - was zu einiger Verwirrung führt - nicht nur als Materialbeschreibung, sondern auch als geologische Zeiteinteilung. In der Muschelkalk-Abfolge unterscheidet man die obere, mittlere und untere Abteilung, die zusammen genommen einen Zeitraum von rund 10 Mio. Jahren repräsentieren (beginnend etwa 240 Mio. Jahre vor heute). Die meiste Zeit herrschten damals nicht allzu große Meerestiefen, manchmal sogar wattähnliche Bedingungen. Das warme kalkreiche Meer bescherte Muscheln, Ammoniten (genauer: Ceratiten) und weiteren Tiergruppen günstige Entfaltungsbedingungen - und sicherte hernach auch ihre Erhaltung in Form von Versteinerungen (Hinweise auf Museen s.u.).
Mit dem Kalkstein sind aber noch andere Erscheinungen verbunden, die in ihren Auswirkungen die Elm-Landschaft prägen. Vor allem ist zu erwähnen, dass ein feines Kluftsystem auch die kompakteren Kalkschichten durchzieht und in der Wirkung dazu führt, dass auf den Elm-Höhen keine fließenden Gewässer anzutreffen sind. Mit Ausnahme des Reitlingstales, d.h. des dortigen Wabebaches, tritt das verschwundene Wasser erst in der Randzone des Gebirges in sogenannten Überlaufquellen wieder zutage. Als weitaus stärkste Quelle dieser Art ist der Lutterspring über Königslutter zu nennen, der stets einen Besuch lohnt.
Die eigenartige Situation im Elm - hoher Niederschlag und dennoch Wasserarmut - hat dem siedelnden Menschen Grenzen gesetzt. Auch wenn es einige Versuche gegeben hat, das hohe Waldland zu erschließen, so blieben diese letztlich doch erfolglos. Die heutigen Dörfer rund um den Elm halten sich ausnahmslos an einen tiefer gelegenen Quellhorizont. In Bornum, das seinen Namen zu recht trägt, sprudelt das Wasser direkt unter der Kirche hervor.
Das in den Quellen zutage tretende Wasser ist sehr kalkreich. Und dieser Kalk ist zuvor gelöst worden, fehlt also irgendwo im Gebirge. Das deutlichste Ergebnis sind “Erdfälle”, trichterartige Einsenkungen, die auf den Einsturz ausgewaschener Höhlungen zurückgehen. In manchen Gebieten sind diese seltsamen wasserlosen Trichter zu Dutzenden vorhanden. Berühmter - und in der Sagenwelt fest verankert - sind aber die wenigen Erdfälle, die ihrerseits ein stauendes Wasserreservoir oder einen Quellteich bilden (z.B. Erdfall östlich Bornum). Besonders starke Auslaugungserscheinungen finden sich im Mittleren Muschelkalk und in einigen Partien des “Röt”, der als ältere Schicht unter dem gesamten Muschelkalk-Paket liegt (nur im Reitlingstal an der Oberfläche). An dieser ungleichmäßigen Verteilung sind auch leichter auflösbare Gips- und Salzlinsen beteiligt.
Das Eindringen des Oberflächen-Wassers in die Gesteine lässt sich nicht direkt beobachten, mit einer Ausnahme: Am südöstlichen Rand des Reitlingstales, nahe der Fahrstraße zum Tetzelstein, verschwindet ein kleiner Bach im Untergrund. Eine solche Stelle nennt man Bachschwinde oder “Schluckloch”.
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