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Riddagshausen

  


Im 12. Jahrhundert errichteten Zisterzienser-Mönche in Riddagshausen ein Kloster und begannen, in den versumpften Niederungen Fischteiche anzulegen.
Heute ist die Teichlandschaft ein Naturschutzgebiet, sogar Europa-Reservat, und bildet einen Rückzugsraum für zahlreiche Vogelarten. Andererseits dient dieses Gebiet zur Naherholung der Braunschweiger Bevölkerung. Um die Prioritäten wird gerungen.

Geschichte

Die Geschichte Riddagshausens ist untrennbar mit dem ehemaligen Zisterzienser-Kloster verbunden. Die Mönche waren es, welche die unzugängliche und bis ins 12. Jahrhundert ungenutzte Bruchlandschaft kultivierten.

Der Orden der Zisterzienser hatte sich als Reformbewegung Ende des 11. Jahrhunderts in Citeaux (Frankreich) gebildet und expandierte von dort aus sehr bald in die europäischen Nachbarländer. Amelungsborn bei Holzminden bildete 1135 eine Etappenstation, zehn Jahre später war ein kleiner Konvent in Riddagshausen angelangt. Der Adlige Ludolf von Wenden gilt als Stifter des hiesigen Klosters; er trat nach seiner Schenkung selbst dem Orden bei. Auch in Heinrich dem Löwen fanden die Mönche einen Unterstützer. Das Riddagshäuser Kloster konnte seine Ländereien bis ins 14. Jahrhundert stetig erweitern. Schließlich umfaßte der Klosterbesitz 3750 Hektar Land.

Als die Reformation in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts in Braunschweig Fuß fasste, wurde das Kloster schnell in die Auseinandersetzungen um den “rechten Glauben” hineingezogen. Die wiederholten Plünderungen, die man in Riddagshausen erlebte, besaßen jedoch einen anderen Grund: Bei den Belagerungen der Stadt durch die Landesherren, die ihren Herrschaftsanspruch durchsetzen wollten, richteten diese regelmäßig ihr Hauptquartier im Klosterbezirk ein. Die “Gastfreundschaft” wurde seitens der Braunschweiger Bürger im Anschluss an die Kampfhandlungen übel vergolten; kurzum, man zog nach Riddagshausen und richtete dort möglichst große Schäden an.

Erstaunlicherweise erhielt sich eine klosterähnliche Institution auch unter evangelischer Landesherrschaft, sogar das Amt eines Abtes überdauerte die Zeiten. Allerdings wandelte sich die Einrichtung nun in eine höhere Schule, die einem reformatorisch-humanistischem Bildungsideal verpflichtet war.

Die ehemalige Eigenwirtschaft des Klosters nahm aber bald eine gesonderte Entwicklung. Das Klostergut wurde in eine Domäne umgewandelt, die Ländereien verpachtet. 1822 erfolgte die Vereinigung der Klosterdomäne mit dem anliegenden Ort Neuhof zur Gemeinde Riddagshausen-Neuhof, diese wiederum wurde 1934 der Stadt Braunschweig eingemeindet.

Landschaft

Für den Besucher entsteht der Eindruck, in Riddagshausen ein noch unberührtes Stück Natur zu erleben. Tatsächlich aber wurde die ehemalige Bruchlandschaft seit der Mitte des 12. Jahrhunderts von Zisterzienser-Mönchen bewirtschaftet. Sie legten die Fischteiche an, rodeten große Teile des Waldes, wandelten die Naturlandschaft in Äcker und Wiesen um. Im Laufe der späteren Jahrhunderte holte die Natur aber einiges von “ihrem” Besitz zurück.

Vergleichsweise früh wurde die Bedeutung dieser vielseitigen Landschaft erkannt. Beobachtungen der Vogelwelt sind seit über 150 Jahren dokumentiert, Naturschützer retteten das Gebiet vor geplanter Bebauung. Besonders Dr. Otto Willke, ein praktischer Arzt aus Braunschweig, ist dabei zu nennen. Dessen Bemühungen führten 1936 zur offiziellen Ausweisung des Naturschutzgebietes Riddagshausen.

Das besonders geschützte Gebiet umfaßt heute rund 500 Hektar. Es besteht aus abwechslungsreicher Wald-, Teich- und Sumpflandschaft. Von den elf Teichen in der Kernzone ist der Schapenbruchteich mit 63 Hektar Größe der bedeutendste, allerdings sind etwa drei Viertel seiner Fläche in Verlandung begriffen. Sichtbar wird dieser Vorgang durch die ausgedehnten Schilfbestände. Dieser Teil des Naturschutzgebietes bietet vielen der fast einhundert Vogelarten ideale Brutbedingungen. In den Zeiten des Vogelzuges dient Riddagshausen außerdem durchziehenden Arten als Rastplatz. Auch Frösche, Kröten, Eidechsen und andere Amphibien wissen das sumpfige Gelände zu schätzen. Um den Tieren ausreichende Ruhezonen zu schaffen, wurde ein nördlicher Randweg aufgehoben.

Stockente und Bleßhuhn sind die beiden häufigsten Vogelarten in Riddagshausen. Eher selten wird man die Rohrsänger, Haubentaucher, Teichhühner, Reiher und etliche andere Arten zu Gesicht bekommen. Der Vogelfreund muß dazu schon mit Fernglas, Bestimmungsbuch und einiger Geduld ausgerüstet sein. Mittlerweile erleichtert eine Beobachtungsplattform die Aussicht über die weite Fläche des Schapenbruchteiches.

Der südlich anschließende Teil der Buchhorst gehört bis zur Bahnlinie ebenfalls zum Kern des Naturschutzgebietes, jenseits davon ist der Wald als Landschaftsschutzgebiet deklariert. Aus dem Namen ist abzuleiten, dass hier einst die (Rot-) Buche herrschend war; im Laufe der Zeit hat sich der Forst jedoch zu einem Mischwald gewandelt. Die Bestände an Nadelholz gelten heute als standortfremd. Anders zu beurteilen sind die fremden Baumarten in dem wissenschaftlichen Forstgarten nahe der Ausflugsgaststätte “Grüner Jäger”. Das 1838 gegründete “Arboretum” vereint Gehölze aus der ganzen Welt und kann als botanischer Garten unsere Kenntnisse erweitern.





Lage und Weg


Riddagshausen 3 Kilometer östlich der Braunschweiger Innenstadt. Besichtigungshinweise:

Der frühere Klosterbezirk ist noch in weiten Teilen erhalten. Dazu zählen neben der imposanten Abteikirche die Klostermauer, die den gesamten Bereich umschließt, und das Klostertor aus dem 13. Jahrhundert. Teile des Torgebäudes stammen noch aus dem 12. Jahrhundert und sind damit die ältesten Zeugnisse der gesamten Anlage. Hier ist das Zisterziensermuseum untergebracht, das über die Ordensgeschichte und die Entwicklung der Riddagshäuser Abtei informiert.

Im inneren des Klosterbezirkes befindet sich die eindrucksvolle Kirche. Mit dem heute bestehenden Bau, d.h. den Ostpartien, wurde um das Jahr 1220 begonnen. Die Gesamtweihe erfolgte 1275. Die Architektur ist in ihren wesentlichen Teilen einfach und schmucklos gehalten, auch ein auwendiger Turmbau im Westen fehlt, wie es den Ordensidealen entsprach. Hinzuweisen ist auf die kunstvolle Höhenstaffelung des Chorbereiches, die sich aus der Abfolge von Kapellenkranz, Chor-Umgang und Hochchor ergibt. Das in das Mittelschiff führende Portal im Westen ist auffallend reich gestaltet, zugleich eine Ehrung der Schutz-Patronin (Marienfigur). Im Süden schloss sich einst die große Abtei mit Kreuzgang, Bibliothek, Speisesaal und Nebenräumen an; diese Gebäude wurden 1852/53 abgebrochen. Die Ausstattung der Kirche ist wesentlich jünger als die Architektur, was auf die oben erwähnten Plünderungen zurückzuführen ist (s.o.: Geschichte). Dazu zählen der Taufstein von 1562, die Kanzel von 1622 und der barocke Hochaltar von 1735.

Der ehemalige Wirtschaftshof mit Fachwerkhäusern, Stallungen und Scheunen ist mittlerweile zu einem Fortbildungszentrum für Manager geworden. An der Stelle des Gutspächterhauses entstand ein Neubau, jetzt von der Diakonie genutzt. Das dort eingefügte Portal bildete bis zur Kriegszerstörung der Braunschweiger Innenstadt den reich verzierten Eingang eines Patrizierhauses. Das auffällige Renaissance-Portal und die auf der Lünischhöhe gelegene Bockwindmühle sind nicht die einzigen “Importe” in Riddagshausen: Westlich der Klostermauer, nur zwei Straßen weiter (“Zwischen den Bächen”), findet man sechs umgesetzte Fachwerkhäuser, die für den Zeitraum 16. bis 18. Jahrhundert stehen.

Weitere Besuchsziele im Gebiet von Riddagshausen:
Im Osten: Bahnhof Schapen und Ausflugsgaststätte Schäfersruh.
Im Südosten: “Grüner Jäger” (Ausflugslokal), ehemaliger Reichsjägerhof, Arboretum.
An der südlichen Seite der Klostermauer beginnt der “Kleidersellerweg” in Richtung Gasthaus Grüner Jäger, den Wilhelm Raabe oft und gerne mit seinen Freunden benutzt hat.



Literatur


Der vorliegende Text ist in seinem Grundbestand entnommen aus:
Stefan Jacobasch und Robert Slawski, Mit dem Rad rund um Braunschweig, 3., neu bearb. und erw. Auflage, Braunschweig: Zelter Verlag, 2004



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Verfasser dieser Seite: Robert Slawski
http://www.region-braunschweig.de/kartei/riddagshausen.html, Stand: 15.12.2005