Ortsnamen nach Grundworten, chronologisch Für die mittelalterliche Gründungsphase von Dörfern bis zum Beginn der Wüstungsperiode im 14. Jahrhundert |
3 Punkte zur dringenden Beachtung für die eigene Anwendung der Übersicht: |
- Die Darstellung bezieht sich nur auf die Region Braunschweig.
- Zur Beurteilung einer konkreten Namensform (d.h. des "Grundwortes") muss die älteste Wortüberlieferung herangezogen werden.
- Um zu einer abgesicherten Einschätzung zu gelangen, müssen weitere Faktoren, wie etwa Lage des Ortes innerhalb der Landschaft, Naturausstattung, Beziehung zu vorhandenen und aufgegebenen Nachbarsiedlungen u.a.m. abgeglichen werden.
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Die Zusammenstellung ist leichter erfassbar, wenn sie von unten nach oben gelesen wird. (?) bedeutet, dass die Datierung auf weitere Forschungsergebnisse angewiesen ist. w., s., sö. = westlich, südlich, südöstlich usw.
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Rundlingsdörfer keine Namenskonsequenz, z.T. -au, -berg, und andere, z.T. wendisch (slawisch) klingende Namen Beispiele: Scheppau, Rieseberg, Rotenkamp, Wendezelle |
- Verbreitung: in zwei Siedlungsinseln bei Wendeburg und am Rieseberg; im Vorsfelder Gebiet; in der Altmark
- Dorf- und Flurmerkmale: Höfe hufeisenförmig oder im Halbrund um Platz oder kurzen Straßenabschnitt, Sackgasse. Einzige Zufahrt zeigt zum Ackerland. Dorf am Rande einer Niederung; von den Höfen Wiesenstreifen radial nach außen
- Entstehungszeit: nach 1150 (landesherrliche Kolonisation, offenbar z.T. mit wendischen Kriegsgefangenen)
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Waldhufendörfer -hagen und auch andere Namen
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- Verbreitung: vor allem im Weser-Leine-Bergland
- Dorf- und Flurmerkmale: Flur aus breiten Besitzstreifen (bis über 100 m breit), meistens mit Anschluss an den Hof, meistens Straße als Siedlungsleitlinie. Die Besitzstreifen ziehen sich den Hang hinauf in Richtung Wald
- Entstehungszeit: ab etwa 1100 (aus gleichzeitigen Quellenbelegen zu den Marschhufen gefolgert)
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"Filialgründungen" Klein ... Beispiele: Klein Denkte, Klein Vahlberg (jeweils neben einem Ort, der dann als "Groß" bezeichnet wurde)
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- Verbreitung: disparat; erstaunlicherweise auch in zentralen Bereichen der Lössbörde
- Dorf- und Flurmerkmale: die "Klein"-Orte zeigen im Gegensatz zu den "Groß"-Orten ein regelhafteres Grundrissbild
- Entstehungszeit: 10. Jahrhundert (nach archäologischen Befunden aus zwei Ausgrabungen)
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-büttel Beispiele: Rötgesbüttel, Rolfsbüttel, Wolfenbüttel
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- Verbreitung: in großer Häufung im Raum zwischen Braunschweig und Gifhorn ("Namensbezirk"), südlichster Ausläufer ist Wolfenbüttel
- Dorf- und Flurmerkmale: Alter Dorfkern zumeist klein, offenbar unregelmäßig, aber auffallend gleichmäßige Streifenflur im Bereich des Altackerlandes
- Entstehungszeit: 10. Jh. ("grundherrliche Rodungs-Kolonisation auf Königsgut")
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-ingerode
Beispiele: Harlingerode, Benzingerode
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- Verbreitung: nur in einem begrenzten Bereich am nördlichen Harzrand
- Entstehungszeit: etwa 950 - 1050
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-rode Beispiele: Gliesmarode, Volkmarode, Erkerode
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- Verbreitung: etliche in der direkten Umgebung Braunschweigs, sonst oft am Rand heute noch bestehender Wälder
- Entstehungszeit: einige recht sicher noch vor 850 (abzuleiten aus Quellenbelegen)
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-dorf (z.T. mit Sachbezeichnungen, z.T. mit Personennamen gebildet; Altersschichtung?) -beck bzw. -beke bzw. -ke Beispiele: Heiligendorf, Volkmarsdorf, Sisbeck, Barmke
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- Verbreitung: Häufung im "Hasenwinkel" und im "Holzland" nw. und n. von Helmstedt
- Entstehungszeit: 2. Hälfte 8. Jh. bis Anfang 9. Jh. (wobei u.a. dem Ortsnamen Heiligendorf anzeigende Bedeutung zugemessen wird)
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-hausen bzw. -husen (z.T. Namenspaare Oldendorf / Holthusen) Beispiele: Riddagshausen, Erzhausen, Hahausen
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- Verbreitung: besondere Häufung im Weser-Leine-Bergland
- Entstehungszeit: 2. Hälfte 8. Jh., wahrscheinlich nicht mehr im 9. Jh. (karolingische Gründungen)
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-sen
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- Keine zeitliche Einordnung möglich, da unsicher, ob es sich um Ableitungen aus -husen oder -heim handelt
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-feld, -felde Beispiele: Bortfeld, Vorsfelde, Oebisfelde
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- Verbreitung: punktuelles Auftreten, besonders an Altstraßen
- Entstehungszeit: wohl vor 800 (karolingische Gründungen; wahrscheinlich Aufsichtsorte, z.B. Flussübergänge, Forsten)
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-heim Beispiele: Ohrum (urspr. Orhaim u.ä.), Evessen (Hebesheim), Adersheim, Gandersheim
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- Verbreitung: zerstreut innerhalb der Lössbörden mit kleineren Gruppenbildungen, n. davon nur sehr vereinzelt
- Dorf- und Flurmerkmale: gute Böden, Andeutungen von Regelhaftigkeit im Ortsgrundriss (Hauptstraße, Stichstraßen)
- Entstehungszeit: erstes und zweites Drittel 8. Jahrhundert (?)
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-stedt / ö. der Oker lockeres Verteilungsbild; w. der Oker mit einer gewissen Konzentration sw. von Braunschweig -leben / Hauptverbreitungsgebiet weiter ö. und sö.; dieses reicht bis an den Elm heran -ingen bzw. -lingen / weiträumige Streuung; w. der Oker ein kleiner "Namensbezirk" -mar / vereinzelt Beispiele: Schöppenstedt, Ampleben, Schöningen, Wittmar
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- Verbreitung: - siehe oben -
- Dorf- und Flurmerkmale: gute bis sehr gute Böden
- Entstehungszeit: 7. Jh. (?), wobei sich eine Zweiteilung zwischen -leben und -stedt (jünger) sowie -mar und -ingen (älter) andeutet
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Die älteste Schicht der Dorfgründungen -ithi und "endungslose Wortbildungen" Beispiele: Gittelde (urspr. Gelithi), Broistedt (Broscethe!), Sickte (Kikthi), Thiede (Tihide), Rhüden (Riudun)
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- Verbreitung: relativ verstreut; Häufung an der oberen Fuhse sw. von Braunschweig
- Dorf- und Flurmerkmale: idR. sehr gute Böden, im ältesten Dorfkern meist irreguläre Anlage
- Entstehungszeit: im 6. oder frühen 7. Jh. (?)
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Vorher, wahrscheinlich als Ergebnis der Völkerwanderungszeit: Streu- und Kleinsiedlungen
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