Seit Asterix & Obelix wissen wir alle, was ein Hinkelstein ist. Und wenn die französischen Autoren dieser genialen Comic-Abenteuer auch ihre eigene Kulturgeschichte reflektieren, genauer gesagt das massenhafte Vorkommen der Menhire in der Bretagne, so können doch auch wir sagen: Voilà, hier sind sie, unsere Hinkelsteine. In Deutschland nicht gerade sehr viele, doch davon die meisten zwischen Halle und Helmstedt, wenn wir auf diese Weise etwas burschikos einen Teil der mitteldeutschen Kulturprovinz umgrenzen. Menhir heißt übrigens nichts anderes als "Langer Stein" (bretonisch).
Der erste hier vorzustellende Menhir findet sich nicht weit vom Hohen Holz, wo auch der Allerfluss seine Quellen besitzt. Zur Ortsbestimmung dient uns das Städtchen Seehausen, das sich am Fuße eines hochliegenden Plateaus ausbreitet. Dort oben haben wir dann das Monument zu suchen. Der schlanke, etwa 3 m hohe Stein befindet sich nicht mehr genau am ursprünglichen Standort, aber immerhin, er ist in der Natur bewahrt. Andere Zeugnisse von seiner Qualität hat man in die Museen verfrachtet. Das besondere ist: der Stein besitzt Gravuren. Diese sind heute etwas angewittert, aber es existieren sehr genaue Abzeichnungen. Mit bloßem Auge erkennt man im oberen Teil zwei leicht schräg verlaufende Linien, darüber noch andeutungsweise einen Kreis. Könnte das nicht ein Gesicht sein? Die Linien eine Andeutung von Schultern? Tatsächlich wird die Darstellung in der wissenschaftlichen Literatur als eine menschenähnliche Figur gedeutet. Die älteren Zeichnungen lassen noch Teile eines verzierten Gürtels erkennen. Da eingeritzte Motive auf großen Steinen im Fachbereich der deutschen Archäologie nicht gerade häufig vorkommen, läßt sich das Vergleichsmaterial ohne allzu große Mühe zusammentragen (D.W. Müller, 1991). Dabei wird deutlich, dass diese Motivik in den Umkreis der Bernburger Kultur gehört. Das Gebiet am Hohen Holz lässt sich als die nördliche Randzone dieser Kultur bestimmen. Was die Deutung der Figur angeht, so legt die vergleichende Untersuchung eine Kennzeichnung als Fruchtbarkeitsgöttin nahe. Aber Vorsicht mit der Verwendung geläufiger Vorstellungen: dieses Wesen ist vielleicht weiblich und männlich zugleich.
Der zweite Menhir steht gut 5 Kilometer weiter nordwestlich bei Eilsleben. Die Gesamtsituation, eine flache Ackerebene, lässt dann auch eher an Benzingerode denken. Der Stein trägt - wie die meisten Menhire - keine Einritzungen. Eine Datierung ist demzufolge schwierig. Im Hinblick auf den Menhir bei Seehausen kann aber auch hier eine Entstehung im Zusammenhang mit der Bernburger Kultur angenommen werden.
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