Logo: Region Braunschweig, Ostfalen

HomeKultur: ZeugnisseBurgenOrteBraunschweig: Überblick

Zur Seite: Karte, OrteZur Seite: Themen

Burg Dankwarderode:
Aus der Geschichte


Auf dieser Seite:

Wie ein König ...Nach unten

Befunde zur Burg Heinrichs des LöwenNach unten

Verfall und NeuaufbauNach unten


Wie ein König ...

Der Begriff der Pfalz, der sich von "palatium" (Palast) ableitet und auf den Sitz des römischen Kaisers auf dem "mons palatin" zurückgeht, ist eigentlich den periodisch genutzten Residenzen der Könige vorbehalten. Wenn der Braunschweiger Burgbezirk mitunter als Pfalz Herzog Heinrichs des Löwen bezeichnet wird, so soll damit auf die besondere Größe und die aufwendigen Bauten hingewiesen werden, die sich mit den Königspfalzen messen konnten (vgl. Pfalz Goslar). Für die Altersjahre des Herzogs, der 1195 starb, bietet sich eher die Charakterisierung als Residenz an. In der schriftlichen Überlieferung ist erstmals 1134 von der "Burg Dankwarderode" die Rede. Die Endung auf -rode weist auf einen älteren Dorfnamen hin.

Die Rolle der Braunschweiger Burg ist nur im Blick auf die politischen Verhältnisse im 12. und 13. Jahrhundert zu verstehen, und insbesondere auf dem Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen Staufern und Welfen. Man kann in Braunschweig durchaus das Zentrum eines "latenten Gegenkönigtums" sehen. Bereits der staufische König Konrad III. rüstete 1151 zum Angriff. Unter seinem Nachfolger Friedrich Barbarossa kommt es zunächst zu einer langjährigen Allianz: während der König seine Italienunternehmungen betrieb, dehnte Heinrich, der zur sächsischen auch die bayerische Herzogswürde erlangt hatte, seine Herrschaft in den Raum nordöstlich der Elbe aus. 1180 begann der Krieg um Land, Stadt und Burg Braunschweig erneut, der auch unter den Söhnen Heinrichs immer wieder heftig aufloderte. Unter dem zweitältesten Herzogssohn, als Otto IV. zum König gewählt und 1209 zum Kaiser gekrönt, erlebte Dankwarderode für kurze Zeit höchstherrscherlichen Glanz, bevor der nächste Staufer, Friedrich II., erfolgreich auf den Plan trat. Unter dem Enkel des Löwen, genannt Otto das Kind, schienen die Welfen sich endgültig mit dem Vorrang der Staufer abgefunden zu haben (1235 lehnsabhängiges Herzogtum Braunschweig). Die alten Parteiungen schimmerten aber wieder auf, als der Königskandidat Wilhelm v. Holland die welfische Prinzessin Elisabeth heiratete. Das Fest fand 1252 auf Dankwarderode statt.


Befunde zur Burg Heinrichs des Löwen

Die heutige Situation rund um den Burgplatz ist eine wesentlich andere als zur Zeit Heinrichs des Löwen. Bis in das späte 19. Jahrhundert war das Gelände östlich durch den Lauf der Oker begrenzt; dort befinden sich heute Straßentrassen mit großen öffentlichen Gebäuden. Ein flacher Ausläufer der Niederterrasse, der sich in die sumpfige Flußaue vorschob, gab den Standort von Burg und Stiftskirche vor. Verschwunden ist der Graben, der im Westen die Landzunge abtrennte, verschwunden auch der wehrhafte Mauerzug rings um das Areal. Von den Adelshöfen im Norden zeugt noch als später Nachfahre das v.Veltheimsche Haus (1573). Von den gegenüber liegenden Baulichkeiten des Stiftes St.Blasii ("Dom") blieb die imposante Kirche.

Bei dem Hauptbau der Burg Dankwarderode, der die Ostseite des Platzes einnimmt, handelt es sich um einen Neubau der Jahre 1887-89. Mit äußerster Großzügigkeit mag man eine Ähnlichkeiten mit den Bauten Heinrichs des Löwen behaupten. Man sollte aber hinzufügen, daß der Trakt zur Stiftsseite hin in pure Fantasie abgleitet, zu der als Höhepunkt die bewußte Ruinenarchitektur an der Südostecke gehört. Ein erhöhter Übergang in die Stiftskirche ist allerdings durch die dortigen Mauerbefunde erwiesen.

Welche baulichen Voraussetzungen Heinrich der Löwe im Burgbezirk vorfand, läßt sich aufgrund fehlender Quellen nicht angeben. Auf der Westseite ist ein Befestigungswerk ergraben worden, von dem Teile noch in das 10. Jahrhundert gehören könnten. Um 1030 erfolgt die Gründung eines Kollegiatstiftes als Grablege der Brunonengrafen. Der Ort gerät über Eheverbindungen an Kaiser Lothar, dann an seinen Enkel und Erben Heinrich den Löwen. Von einer herausragenden Bedeutung Braunschweigs kann zu diesem frühen Zeitpunkt nicht Rede sein. Es wird vielmehr die äußerst günstige Verkehrslage gewesen sein, die den Herzog zu seiner Entscheidung führte, hier seinen Hauptsitz einzurichten.

Über die zeitliche Reihenfolge der Maßnahmen liegen nur wenige gesicherte Erkenntnisse vor. Seit 1173 wurde die Stiftskirche von Grund auf neu erbaut und war bei Heinrichs Tod 1195 bis zum Turmwerk gediehen. Dem Chronisten Albert v. Stade zufolge ließ der Herzog im Jahre 1166 das außergewöhnliche Standbild mit dem einst goldenen Löwen aufrichten. Der gewaltige Burgpalas, an den sich südlich die Burgkapelle und die Wohngemächer anschlossen, könnte zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden haben. Wenn 1168 die englische Königstochter Mathilde als Gemahlin des Herzogs nach Braunschweig geführt wurde, so deutet dies auf eine weitgehende Vollendung der repräsentativen Baulichkeiten hin.

Zu den gesicherten Fakten gehören die Ausmaße des zweistöckigen Saalbaus mit rund 40 Metern, mehr als bei den meisten Königspfalzen. Einen hohen Luxus stellte die Warmluftheizung im unteren Saal dar. Ob sich die Einzelformen von der Goslarer Pfalz herleiten, muß bezweifelt werden. Die Burgkapelle zeigt jedoch auffallende Ähnlichkeiten mit der (ebenfalls ergrabenen) nördlichen Pfalzkapelle in Goslar. - Anzufügen bleibt, daß sich der Ausbau zum Herrschaftszentrum nicht auf die Burg beschränkte, sondern auch eine großzügige Förderung bürgerlicher Siedlungen beinhaltete. Vorsichtig geschätzt vergrößerte sich die Siedlungsfläche auf das Dreifache. Die Stadt Braunschweig stieg zur Metropole in Deutschlands Norden auf.


Verfall und Neuaufbau

Die Ablösung der Residenzfunktion begann mit der Erbteilung der Welfen 1267. Nach weiterer Aufsplitterung existierten zeitweilig fünf Fürstentümer, dazu noch Nebenlinien. Der nächstbenachbarte Welfenzweig begann sich in Wolfenbüttel dauerhaft einzurichten. Unterdes betonten die Bürger ihre Unabhängigkeit; für den Konfliktfall setzte man auf den Beistand der Hanse.

Die Verdrängung der Herzöge aus Braunschweig wurde durch zwei Faktoren begünstigt. Zum einen die Lage der Burg: sie war umgeben von den bürgerlichen Siedlungen und eingeschlossen vom großen städtischen Mauerring. Was seit der Zeit Heinrichs des Löwen dem Fürstensitz zusätzlich Schutz bot, wandelte sich nun in sein Gegenteil. Zum anderen waren es die Besitzverhältnisse: Die verschiedenen Welfenlinien betrachteten die Stadt und insbesondere Burg und Stift als gemeinsamen Besitz, was zum immer neuen Streitigkeiten untereinander Anlaß bot. Der Tiefpunkt in der baulichen Entwicklung der Burg war in den Jahrzehnten um 1600 erreicht. Ein frühes Bilddokument zeigt uns den Zustand des Saalbaus: ausgebrannt und halb zerfallen. Der Wiederaufbau erfolgte in den Formen der Renaissance.

Auch nachdem die Welfen die Stadt 1671 wieder unter ihre Botmäßigkeit gezwungen hatten und zugleich die Besitzrechte geklärt waren, spielte der Burgbezirk als Fürstensitz keine Rolle mehr. Das Stift St.Blasius bewahrte hingegen die Tradition als Hofkirche und welfische Grablege. Das neue Stadtschloß wurde am oberen Bohlweg errichtet. Die Nutzungen der alten Burg wechselten: Museum, Prinzendependance (mit barockem Neubautrakt), schließlich Kaserne.

Ein Feuer verwüstete 1873 die sogenannte Burgkaserne. Die Diskussion, ob die Ruine nun völlig abzureißen oder in irgendeiner Form zu erhalten sei, zog sich über mehr als ein Jahrzehnt hin. Die zwischenzeitlich vorgenommenen Untersuchungen, die immer mehr Mauerzüge aus der Zeit Heinrichs des Löwen zutage förderten, bestärkten allerdings die Befürworter einer Rekonstruktion. Der Auftrag an den damaligen Stadtbaurat Ludwig Winter lautete schließlich: Wiederherstellung unter Bewahrung der romanischen Überreste. Winter hielt sich jedoch nicht daran, ließ die letzten Mauern niederreißen, die Fundamente ausgraben und errichtete einen Neubau. Das fantasievolle Interieur lieferte der Architekt gleich mit. Stimmen der Kritik wurden nicht laut, denn ein perfekteres Mittelalter konnte es ja gar nicht geben.



Literatur
Königfeld / Roseneck 1995. Nachweis unter Burgen: Literatur.
Weitere Titel: Auf die Standardwerke zur Braunschweiger Stadtgeschichte von Hermann Dürre (1861) und Richard Moderhack (1985 und jünger) sei nur verwiesen. Aus der umfangreichen Spezialliteratur sind zu zitieren: Arno Weinmann, Braunschweig als landesherrliche Residenz (= Beihefte zum Braunschweigischen Jahrbuch, Bd.7), 1991. Fritz Arens, Die Königspfalz Goslar und die Burg Dankwarderode, in: Stadt im Wandel. Katalog zur Landesausstellung Niedersachsen 1985, Hg. Cord Meckseper, Stuttgart - Bad Cannstatt 1985, Bd.3, S.117-149. Harold Hammer-Schenk, Burg und Burgbereich. Ein neues Stadtzentrum für Braunschweig, in: Alte Stadt - Moderne Zeiten, o.O. 1985 [= Ergänzungsband zum Katalog "Stadt im Wandel"], S.13-50.

Zum Seitenanfang
 

Region Braunschweig • Ostfalen. Bildungs- und Informationsprogramm
Impressum  
http://www.region-braunschweig.de/burgen/orte/braunschweig90.html, Stand: 3. November 2005