Der Raum um Quedlinburg ist reich gesegnet mit mehr oder minder steilen, schroffen oder bizarren Sandsteinklippen. Zu ihnen gehört der Lehofsberg in Sichtweite der historischen Stadt, der oft verkürzt einfach nur "Lehof" genannt wird. Tatsächlich erkennt man die Felsen von Osten kommend bereits aus weiter Entfernung (Landstraße Aschersleben - Quedlinburg). Ob es sich bei der Anhöhe um eine prähistorische Kultstätte handelt, ist nicht mit Sicherheit zu erweisen. Allerdings dürfte sich ein solcher Beweis im strengen Sinne kaum führen lassen. Zumindest kann man von einer herausgehobenen Bedeutung ausgehen, wobei wir als eines der Indizien einen bronzezeitlichen Hortfund nehmen. Dieser gehört heute zur Sammlung des Quedlinburger Schlossmuseums.
Der Schatz wurde im Frühjahr 1930 im direkten Vorfeld des Lehofsberges entdeckt. Das bergende Gefäß mit seinen zwei Deckschalen lag etwa einen halben Meter tief in der Erde; Spuren wiesen auf eine weitere Umhüllung aus organischem Material hin. Die enthaltenen Bronze-Gegenstände befanden sich in einem außerordentlich guten Zustand. Über den gesamten Umfang des Schatzes erfuhr man aber erst zweieinhalb Jahrzehnte später, als der Finder zugab, dass er einige Gegenstände entnommen hatte. Diese waren dann an das Halberstädter Museum gelangt, wo sie unter falscher Fundortbezeichnung in die Sammlung eingereiht wurden. Seit 1957 sind beide Teile des Hortfundes nun in Quedlinburg vereint.
Aufgrund von stilistischen Parallelen können einige der Bronzegegenstände gut mit anderen Funden verglichen werden. K. Schirwitz folgert daraus, dass die Niederlegung am Ende der Bronzezeit-Periode IV (Montelius) erfolgte. Aus dieser relativen Einordnung können wir nach heutigem Kenntnisstand eine Zeitstellung etwa um 900 v.Chr. ableiten.
Über die Umstände der Deponierung und die Beweggründe der damals handelnden Menschen wissen wir zunächst einmal gar nichts. Es ist nur der Hort selbst - seine Zusammensetzung, seine sorgfältig geplante Bewahrung - und der konkrete Fundort, die für vorsichtige Schlussfolgerungen zur Verfügung stehen. Der oben genannte Bearbeiter nahm an, dass es sich um den Hausschatz einer Familie handelt, wobei er einzelne Gegenstände der Sphäre von Mann, Frau und sogar Kind zuordnete. Festzuhalten bleibt, dass einige der Ringe deutliche Gebrauchsspuren aufweisen und dass Halbfertigprodukte, wie sie z.T. in anderen bronzezeitlichen Hortfunden vorkommen, fehlen. Auch kann man ein simples Verstecken vor fremdem Zugriff ausschließen. Dagegen spricht das umgebogene Schwert, das man ganz offensichtlich genau für das Behältnis "passend gemacht" hatte. Wer Kostbarkeiten vorübergehend verbergen will, zerstört sie nicht. Hinzu kommt der Fundort an einer durch Anhöhe und Felsen herausgehobenen Stelle. Bei dieser Sachlage wird man auf eine Weihegabe schließen müssen. Und die Wesenheit, für die diese Gabe gedacht war, wird man wohl oben auf dem kleinen Berg vermuten dürfen.
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