Traditionelle Gliederungsversuche
Wer über die Auflistung von Pflanzenarten hinaus gelangen will, also "höhere Einheiten" benennen und beschreiben möchte, sieht sich mit unterschiedlichen akademischen Traditionen konfrontiert, die annähernd unabhängig nebeneinander bestehen.
Die jüngere Richtung nimmt als Zentralbegriff den Biotop, was zunächst einmal nichts anderes heißt als Lebensraum. Der Naturschutzatlas Niedersachsen (Drachenfels, Mey, Miotk, 1984) arbeitet mit dem Begriff Biotop, systematisierend wird aber von Ökosystemtypen gesprochen oder in Umgehung der Problematik schlicht von ökologischen Erfassungseinheiten. Die Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen in Niedersachsen (Drachenfels, 1996) geht unter den Biotopen von über 300 Typen aus, die an sich ein plausibles Erfassungsraster bilden, aber allein wegen der hohen Zahl für eine populäre Darstellung nicht einfach übernommen werden können. Allerdings finden sich in dieser Publikation auch Muster der Gruppenbildung: als Obergruppen der Biotoptypen werden 11 Einheiten angegeben, die manchmal eine für unsere Zwecke ausreichende Prägnanz besitzen (z.B. "Hochmoore"), oft jedoch zu stark abstrahiert sind ("Wälder" dort als eine einzige Gruppe). Als Ausweg aus der Enge der Biotoptypen-Definition wird bei Drachenfels, quasi als Anhang, eine Liste von Biotopkomplex-Typen angeboten (1996, S.138-143). Diese Einheiten dürften der tatsächlichen Wahrnehmung von Landschaftsausschnitten weit eher entsprechen, da Randbereiche, Übergangszonen, Abstufungen und innere Differenzierungen mit einbezogen sind. Dieser kurzen Darstellung verdanken wir einige wichtige Anregungen. Der Schritt von solchen Biotopkomplexen bis zu der von Heydemann gewählten Einteilung (Neuer Biologischer Atlas. Ökologie für Schleswig-Holstein und Hamburg, 1997) scheint nicht sehr groß zu sein. Auch dort leiten prägnante Benennungen die Darstellung, wobei diese als Lebensgemeinschaften im Sinne von Ökosystemen aufgefasst werden.
Die ältere Forschungsrichtung der Pflanzensoziologie erscheint als eine Disziplin, die sich in alltagsweltlicher Hinsicht kaum noch verständlich machen kann. Wer sich die Sache von außen ansieht, staunt zunächst über die verwirrende Fülle von Benennungen und Umbenennungen, allgemeiner: über die immer wieder diskutierten Fragen von Nomenklatur und Taxonomie (ein instruktives Beispiel dafür in unserer Dokumentation unter Trockenwarmer Hangwald, Anmerkungen). Es liegt hier der Verdacht nahe, dass vielfach ein rein akademisches Denken gepflegt wurde. Ganz generell wäre zu fragen, ob die Benennung von Pflanzengesellschaften nach ein bis drei "Kennarten" der richtige Weg ist, jedenfalls dann, wenn man eine breitere gesellschaftliche Verständigungsbasis sucht. Denn in dem geübten Modus kommt es begrifflich zu einem "Hainsimsen-Buchenwald", dem die Hainsimse gebietsweise völlig fehlt, zu einem "Waldmeister-Buchenwald", in dem der Waldmeister nicht signifikant häufiger ist als in der standörtlich benachbarten Waldgesellschaft, oder zu einem "Eichen-Hainbuchen-Wald", der nach Ausweis der Bodenflora eine nutzungsbedingte Umformung eines Rotbuchen-Waldtypes darstellt. Es ist kein Zufall, dass wir an dieser Stelle besonders die Waldgesellschaften hervorheben, da sich für uns gerade in diesem Bereich die größten Probleme bei einer einfachen und verständlichen Gliederung ergaben. - Nicht in Abrede zu stellen sind die überaus umfangreichen Erfassungsarbeiten der pflanzensoziologischen Forschung und auch der geleistete großräumige Vergleich. Kritisch ist aber anzumerken, dass einige der Forschungsgegenstände buchstäblich vor den Augen der wissenschaftlichen BearbeiterInnen verschwanden. Dies ist besonders auffällig bei der Ackerwildkrautflora, die fast gleichzeitig mit ihrer intensiven Erforschung in der Vielfalt rapide abnahm. Strategien eines bewahrenden Schutzes sind zumindest im universitären Bereich über lange Zeiten hinweg kein Thema gewesen. - Trotz der aufgezeigten Unzulänglichkeiten bleiben wir mangels einer Alternative doch vielfach auf die Ergebnisse der pflanzensoziologischen Forschung angewiesen, auch wenn wir uns aus kritischer Betrachtung heraus mancherlei Abweichungen in der Darstellung erlauben.
Nachweis der genannten Publikationen im Literaturverzeichnis
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