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Kaiserpfalz Goslar:
Aus der Geschichte


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Die glänzendste Stätte des ReichesNach unten

Der AbstiegNach unten

Zweifelhafte Traditionsfolge: PreußenNach unten


Die glänzendste Stätte des Reiches

Die Geschichte Goslars verbindet sich auf's engste mit den Silbererzen des nahegelegenen Rammelsberges. Wann diese Erzvorkommen entdeckt worden sind, bleibt ungewiß. Zumeist wird angenommen, daß die Ausbeutung noch unter Kaiser Otto dem Großen begann. Die deutschen Könige zog es seit dem beginnenden 11. Jahrhundert wie magisch an diesen Ort, der sich als eine schier unerschöpfliche Schatzkiste ihres Reiches erwies. Eine erste repräsentative Niederlassung wird unter Heinrich II., bald nach dem Jahre 1000, entstanden sein. Goslar übernahm innerhalb von kurzer Zeit die Rolle der Kaiserpfalz Werla.

Heute wird die Goslarer Pfalz oft mit dem sogenannten Kaiserhaus identifiziert, das sich als breiter Gebäuderiegel auf der Kuppe eines sanft ansteigenden Hanges erhebt. Die imposante Baugruppe, zu der die ehrwürdige Ulrichskapelle gehört, bildete jedoch nur einen Teil der Pfalz, die als geräumiger Bezirk von etwa 250 x 550 m Ausdehnung aufzufassen ist (Maße nach Dehio). Am Fuß des "Kaiserbleeks", der einen mehr als 100 Meter tiefen Vorplatz zum Palasgebäude bildet, lag einst das 1050 geweihte Stift Ss. Simon und Juda (sogenanntes Domstift). Dessen Kirche mag das größte romanische Bauwerk rechts des Rheines gewesen sein (F. Stolberg). Zum Pfalzbezirk gehörte ferner eine beträchtliche Zahl von Kurien des hohen Adels und der Stiftsherren.

Die Baugeschichte des Palas, der mit fast 50 m Saallänge alle gleichartigen Bauten in Deutschland übertrifft, ist wiederholt diskutiert worden. Als gesichert können zwei Hauptbauphasen gelten. Die erste fällt in das mittlere 11. Jahrhundert, wobei bereits die Außenabmessungen des Saalbaues erreicht wurden. Die zweite Phase gehört in das späte 12. Jahrhundert und hinterließ die markanten Fenstergruppierungen, die jeweils 3 Öffnungen mit einem Überfangbogen zusammenfassen. Die Frage der Chronologie wird auch für den Vergleich mit der Herzogspfalz in Braunschweig wichtig.

Die Bedeutung Goslars wird sichtbar an der Reihe der großen Reichsversammlungen, die an diesem Ort über rund 200 Jahre hinweg immer wieder stattgefunden haben. Tatsächlich ließe sich ein großer Teil der deutschen Königsgeschichte am Beispiel der Pfalz und der hier abgehaltenen Hoftage nachvollziehen, ein Unterfangen, das jedoch in diesem Rahmen nicht geleistet werden kann. Erwähnt werden soll aber, daß regelmäßig auch die Opponenten und Gegenkönige im Kampf um die Macht diesen symbolträchtigen Ort als Faustpfand genommen haben.

Als derjenige Herrscher, der sich am engsten mit der Pfalz verbunden fühlte, ist Heinrich III. zu nennen. Unter seiner Regierung - bis 1056 - bildete Goslar schon fast eine Dauerresidenz. Die salische Familientradition verlangte die Bestattung des Kaisers in Speyer; auf Heinrichs eigenen Wunsch sollte sein Herz jedoch in Goslar bleiben. Die bergende Kapsel wird heute in der Ulrichskapelle bewahrt.


Der Abstieg

Der Glanz dieser Epoche endete im Jahre 1253 mit dem letzten Aufenthalt eines deutschen Herrschers, des Königs Wilhelm v. Holland. Goslars Wohlstand allerdings blieb, und dies hing nach wie vor mit dem Bergwerk zusammen. Zwar hatte man zweitweise mit massiven Problemen in der Wasserhaltung zu kämpfen, aber die Jahrzehnte ab 1450 müssen als die zweite Blüte der Stadt gelten.

Das Schicksal Goslars entschied sich 1552, als Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel der Stadt die Rechte am Rammelsberg unter militärischer Gewalt abnahm. Wohlstand und Bautätigkeit sanken in der Folgezeit rapide, während man andererseits zäh an der Stellung als Freie Reichsstadt festhielt. - Unterdes verfiel der königliche Bezirk. Die ehrwürdige Ulrichskapelle war zu einem Gefängnis geworden. Das "südliche Wohngemach" existierte schon lange nicht mehr, der angrenzende Teil des Kaiserhauses war vom Einsturz bedroht. Den großartigen Palas nutzte man seit dem 18. Jahrhundert als Kohlen-, Holz und Getreidemagazin. Seit der napoleonischen Ära besaß auch die kaiserliche Kirche ("Domstift") keine Aufgabe mehr: der Abriß erfolgte 1819/20. Erhalten blieb lediglich die nördliche Vorhalle.


Zweifelhafte Traditionfolge: Preußen

Den Umschwung brachte erst die "Wiederentdeckung" des Pfalzbezirkes durch den preußischen König, der 1866 unter recht zweifelhaften Umständen das Königreich Hannover annektiert hatte (Goslar seit 1816 zu Hannover). Das heruntergekommene Monument des Kaiserhauses schien die Mühe der Rekonstruktion wert.

Seit der Reichsgründung 1871 sahen sich die Preußenherrscher in der Nachfolge der mittelalterlichen Kaiser. Zur Eröffnung des Reichstages lieh man sich den Thronsitz des 11. Jahrhunderts aus der alten Kaiserstadt Goslar. Welche Rolle die neuen deutsch-preußischen Kaiser der Pfalz in Goslar zugedacht hatten, ist bis heute - im Inneren wie im Außenbereich - ablesbar geblieben. Von den beiden Reiterdenkmäler auf dem Kaiserbleek stellt das eine den Staufer Friedrich Barbarossa (+1190) dar, das andere den Preußen Wilhelm I. (+1888). Prägnanter läßt sich eine Staatsideologie kaum ausdrücken.



Literatur
Historische Stätten, Niedersachsen und Bremen, 1976. Dehio, Niedersachsen Bremen, 1977. Ergänzend Stolberg 1968. Nachweise unter Burgen: Literatur.
Für die Ortsgeschichte Goslar empfiehlt sich als Überblick: Hans-Günther Griep et al., Goslar. Die tausendjährige Kaiser-, Reichs- und Hansestadt, 17. Auflage, Goslar o.J. (um 1985) [sogenannter Silberführer]. Als Einstieg in die speziellere Literatur zur Pfalz Goslar können die bei Dankwarderode: Geschichte angegebenen Werke genommen werden (Königfeld / Roseneck, Katalog Stadt im Wandel, Alte Stadt - Moderne Zeiten). Dabei wird auch die Diskussion um die möglichen bauhistorischen Zusammenhänge erfaßt.

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http://www.region-braunschweig.de/burgen/orte/goslar90.html, Stand: 3. November 2005