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Einführung: Waldland - Ersatzgesellschaften - Natürliche waldfreie Standorte

 

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WaldverbreitungNach unten

Die waldfreien Standorte im einzelnenNach unten



 
Waldverbreitung

Mitteleuropa wäre von Natur aus ein Waldland, also annähernd vollständig bewaldet. Diese Aussage gilt genauso für das Gebiet zwischen Harz und Heide.

Aber auch der Wald hat seine Entwicklungsgeschichte, er ist nicht schon seit "ewigen Zeiten" vorhanden. Das Waldbild und seine Ausprägung war stets abhängig von großklimatischen Schwankungen. Die letzte große Kälteperiode als (einstweiliger) Ausklang des Eiszeitalters endete bei uns vor rund 12.000 Jahren. Recht schnell wandelte sich das Bild der einstigen Kältesteppe: Die ersten Baumarten, die sich in Pollendiagrammen nachweisen lassen, sind Birke und Kiefer, bald kommen massenhaft wärme- und lichtbedürftige Haselbüsche auf. Mit zunehmender Erwärmung, aber zeitlich gestaffelt, treten die anderen uns bekannten Baumarten hinzu. Einer der letzten Zuwanderer aus den eiszeitlichen Rückzugsgebieten im südlichen Europa war die Rotbuche, die nach neuerer Erkenntnis die meisten der heutigen Waldstandorte dominieren würde.

Ohne die Einwirkung des Menschen, das ist noch einmal zu betonen, wäre unsere Landschaft zu rund 85% mit Wald bedeckt (Seedorf / Meyer 1992, S.333, für Niedersachsen 86%; weitere Angaben für Gewässer und Moore ebd.). Und umgekehrt gilt: Wenn die menschliche Einflussnahme plötzlich endet, dann würde sich unser Landstrich fast flächendeckend und ganz selbständig wieder in ein Waldland zurückverwandeln. Zugegeben, dies ist weder ein wahrscheinlicher noch ein wünschenswerter Fall. Aber immerhin lässt sich daran verdeutlichen, dass eine selbständige Wiederbewaldung als ein ganz natürlicher Vorgang betrachtet werden muss. Und diese Aussage gilt nicht nur im großen, sondern auch im kleinen, etwa für Trümmergrundstücke, aufgelassene Gärten oder aufgegebene Äcker. Nach dem Ende der menschlichen Einflussnahme wird sich über mehrere Entwicklungsstadien ("Sukzessionsstufen") eine Waldgesellschaft einstellen, die schließlich einen mehr oder weniger stabilen, standortgemäßen Endzustand erreicht ("Klimaxstadium").

Dass wir heute nicht mehr den natürlichen Waldanteil von weit mehr als 80 % besitzen, weiß jeder. Interessanter ist da schon der tatsächliche statistische Wert, zum Beispiel für Niedersachsen: hier beträgt der Waldanteil an der Landesfläche derzeit 22 %, also etwa ein Viertel der ursprünglichen Fläche.

Damit liegt die Frage nahe, was eigentlich aus dem übrigen, grundsätzlich waldfähigem Areal geworden ist. Nimmt man versiegelte Flächen, Industrieanlagen und Siedlungen sowie die intensiv bewirtschafteten Feld- und Gartenkulturen aus, so bleiben für die übrigen Standorte die sogenannten Ersatzgesellschaften, z.B. Wiesen und Weiden. "Ersatz" bedeutet hier, dass diese Pflanzengemeinschaften den potentiell möglichen Wald vertreten. Ersatzgesellschaften dürfen nicht durchweg als "naturfern" eingestuft werden; allerdings ist es möglich, diese nach der Intensität der menschlichen Beeinflussung zu ordnen. In welcher Weise gerade die altüberkommenen Kulturbiotope eine Prägung des Landschaftsbildes und eine Bereicherung des heimischen Arteninventares darstellen, wird innerhalb dieser Natur-Dokumentation vielfach gezeigt (siehe die verschiedenen Biotopgruppen von Heide, Magerrasen und Wiesen).

Fasst man die heutigen Waldgebiete ins Auge, so kann man nicht gerade behaupten, dass dort die Natur zu ihrem Eigenrecht käme. Der heutige Waldbestand ist in vielfältiger Weise durch menschliche Einwirkung geprägt, ganze Waldlandschaften, wie etwa die Kiefernforste der Lüneburger Heide oder ein großer Teil der Fichtenwälder im Harz wären von Natur aus dort nicht zu finden. Die Schwierigkeiten, die natürlichen Waldgesellschaften zu bestimmen, zu benennen und im konkreten Beispiel aufzufinden werden an verschiedenen Stellen im Zusammenhang mit den Waldtypen thematisiert (siehe insbesondere Laubwälder der gemäßigten Lagen).

Der Betrachtung der von Natur aus waldfreien Standorte kommt nach dem bisher Gesagten eine besondere Bedeutung zu. Wir können mit einem gewissen Recht vermuten, dass sich dort Bestände von sehr alten oder sehr seltenen Pflanzengesellschaften finden lassen, die einerseits der Waldumformung, andererseits der Ersetzung durch kulturgeprägte (Nutzpflanzen-) Gesellschaften entgangen sind. Zudem ist es für ein Gesamtbild notwendig, die ökologischen Grenzen des ursprünglichen Waldlandes kennenzulernen.

 
Die waldfreien Standorte im einzelnen

So einfach es auch klingt: Offene Gewässer sind keine Waldstandorte. Wenn man die Gesamtfläche Niedersachsens nimmt, so kommt man für die Urlandschaft - vor dem massiven Eingreifen des Menschen - auf einen Gewässeranteil von immerhin 6 % (heute 2%). Dabei wären fließende und stehende Gewässer hinsichtlich ihrer Dynamik bzw. langfristigen Entwicklung zu unterscheiden. Die meisten stehenden Gewässer unterliegen dem allmählichen Verlandungsprozess (Biotop-Rubrik: Verlandungszonen, Niedermoore). Bei den fließenden Gewässern ist die Randzone (Flussufer, Weichholzauen) von den zum Teil baumfreien Umlagerungsbereichen zu unterscheiden. Über diese sich dynamisch verändernden Bereiche ist weiter unten noch zu sprechen.

Einen ähnlich hohen Flächenanteil wie die Gewässer nahmen ursprünglich die weitgehend baumfreien Hochmoore ein, zumindest wenn man Niedersachsen insgesamt betrachtet (in Abschätzung 7 % der Landesfläche). Davon ist allerdings nur ein Bruchteil in einem intakten oder auch nur naturnahen Zustand erhalten (Biotop-Gruppe: Hochmoore). Im Gebiet um Braunschweig lagen die Verhältnisse aus klimatischen Gründen bereits ursprünglich etwas anders, da wegen des zu geringen Niederschlages ein Hochmoorwachstum behindert oder ganz unmöglich war. So ist das Dowesee-Moor im Braunschweiger Stadtgebiet als Außenposten der Norddeutschen Moorlandschaft anzusehen (heute abgetorft). Ausgedehnte Hochmoorflächen fanden und finden sich jedoch 30-40 Kilometer weiter nördlich, im Gebiet der Südheide. In der Zone südlich von Braunschweig bis zum Harzrand fehlen Hochmoorbildungen; erst wieder auf den Hochflächen des Harzes breiten sich auch heute noch einige gut erhaltene Hochmoore aus. Die Niederschlagssummen erreichen dort etwa den doppelten Wert gegenüber dem Vorland.

Wenn die spezifischen Bedingungen des Hochmoores, geprägt durch ihre Armut an mineralischen Nährstoffen und die hohe Feuchtigkeit, ein Baumwachstum verhindern, so sind es auf den Flächen mit natürlichen Solequellen die chemischen Faktoren, die ein Pflanzenwachstum behindern. Davon sind nicht nur ausnahmslos alle Baumarten betroffen, sondern überhaupt der allergrößte Teil der heimischen Pflanzen. "Salzstellen" sind eine ehemals gar nicht so seltene Erscheinung im Gebiet zwischen Harz und Heide, bedingt durch die geologischen Prozesse im Raum der Mittelgebirgsschwelle (Biotop-Gruppe: Salzsümpfe, Salzwiesen). Die Zahl der natürlichen Salzstellen ist im Lauf der Zeit beträchtlich zusammengeschrumpft. Flächenmäßig allerdings wird ihr Anteil niemals sehr groß gewesen sein. Nicht zu unterschätzen ist jedoch ihre ökologische Bedeutung, zum Beispiel durch den Besuch von Wildtieren, die dort ihren Salzbedarf aufnehmen konnten.

Eine chemische Begrenzung des natürlichen Baumwachstums ergibt sich noch bei zwei anderen Stoffgruppen, die hier zu erwähnen sind. Zum einen sind es die Schwermetall-Böden am Rande von Oker und Innerste in ihren Laufabschnitten unmittelbar am nördlichen Harzrand (zum Teil mitbehandelt in der Gruppe Fluss-Schotterfluren). In ihrem heutigen Umfang sind sie Ergebnis des seit 1000 Jahren betriebenen Bergbaus, jedoch gibt es recht sichere Anzeichen dafür, dass sich pflanzliche Anpassungen bereits seit sehr viel längerer Zeit an Stellen von natürlichen Erzausbissen entwickelt haben. Eine weitere geologische Besonderheit mit enormer Auswirkung auf das Pflanzenwachstum bildet das Erdöl, das östlich der Stadt Braunschweig selbsttätig an die Erdoberfläche drängte (bereits im 16. Jahrhundert beschrieben). Weitere Stellen dieser Art sind aus dem Raum Peine bekannt.

Auch häufig oder kontinuierlich auftretende Bodenumlagerungen können die Ausbildung einer Waldgesellschaft verhindern. Waldfreie Dünen sind von der Nordseeküste bekannt. Im Binnenland dürften die späteiszeitlichen Dünenbildungen nach wenigen Jahrhunderten bereits eine sie bindende Pflanzendecke getragen haben; das Schluss-Stadium ist als trockener Eichen-Birken-Wald zu denken. Erst Holzeinschlag, Viehtrieb und Plaggenhieb zerstörten das bestehende Gefüge, so dass sich die Sande wieder in Bewegung setzen konnten ("Sekundär-Dünen", vielfach im 18. Jahrhundert beschrieben). Die natürliche Wiederbesiedlung von offenen Sandflächen, die sich auch heute noch durch wühlende Tiere oder als Trittschäden ergeben, könnnen am Beispiel des Sand-Magerrasens oder auf Heideflächen studiert werden. Den Modellfall für die Neuentstehung von Wald bieten aufgelassene Sand- und Kiesgruben; unterbleibt der Abbau bzw. die Bodenumlagerung für längere Zeit, wird die natürliche Sukzessionskette eingeleitet, die in einem Waldstadium endet.

Eine nicht ganz geringe Rolle dürfte in der Naturlandschaft der Umlagerung bzw. Abtragung durch fließendes Wasser zugekommen sein. Wir finden solche Umlagerungszonen vor allem im Mittelwasserbereich der Flüsse (für den Gebirgsrand: Fluss-Schotterfluren). Ob nun Kies, Sand, Schluff oder Ton das Substrat bildet, charakteristisch für diese Standorte ist das zeitweise Trockenfallen und die nachfolgende Überflutung, und damit auch die durch Strömung verursachte Umlagerung von Bodenmaterial. Keimlinge von Bäumen können sich auf solchen Standorten nicht ungestört entwickeln. Größere Hochwässer werden ähnliche Materialumlagerungen auch in den höheren Bereichen der Aue bewirkt haben. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die in den (ursprünglichen) Auenwald gerissenen Lücken ihr natürliches Pflanzenkleid bald wieder regenerierten.

Grundsätzlich ist aber zu sagen, dass die beschriebenen Überschwemmungsstandorte keine räumliche Konstanz besitzen, sondern der Verlagerung eines Flusslaufes im Bereich der Talaue folgen. In diesem Zusammenhang ist auch die Seitenerosion der Flüsse zu erwähnen. Bei den auch in unserer Region vorkommenden lehmigen oder sandigen Steilufern ist weniger die Baumfreiheit als solche zu betonen (minimaler Flächenanteil), als vielmehr der dort angebotene Standort für Pionierpflanzen und die Bedeutung für einzelne Tierarten, z.B. für Uferschwalben, die für den Bau ihrer Bruthöhlen auf Steilhänge angewiesen sind.

Wenn es sich bei den eben beschriebenen Fällen um Material- bzw. Bodenbewegung durch Wind und Wasser handelte, so ist auch noch die Erdanziehung selbst als treibende Kraft zu nennen. In steilen Hangbereichen der Harztäler kann die Schwerkraft, unterstützt von Wind, Regen und besonders auch durch tägliche Wärmeschwankungen dafür sorgen, dass lockeres Gesteinsmaterial immer wieder nachrutscht. Ein bekanntes und berühmtes Beispiel dafür ist die Gesteinsschutthalde der "Schurre" unterhalb des Roßtrappenfelsens im Bodetal.

Ganz zwanglos schließt sich hier die Gruppe der Felsstandorte an. Aufgrund fehler Bodenbedeckung können sich Bäume hier nicht oder nur an wenigen Stellen und dann nur in Kümmerform halten. Die Ausbildung einer wasserhaltenden, mineralstoffreichen Bodenschicht wird durch Abspülung sowie durch Wind und Schwerkraft verhindert. Felsbildungen finden sich vor allem im Harzgebirge (zumeist "saure" Gesteine, dabei jedoch einige interessante Ausnahmen), aber auch stellenweise im nördlichen Vorland, etwa in Gestalt der sogenannten Teufelsmauer bei Weddersleben bzw. Blankenburg.

Zuletzt ist noch nach den klimatischen Grenzen zu fragen. Für den Raum Halberstadt / Quedlinburg wird vermutet, dass steilere Höhenrücken möglicherweise bereits vor der menschlichen Einflussnahme eine Art Steppenrasen getragen haben, also keinen Wald. Ein Beleg für diese These wird in den Eigenarten des Pflanzenbestandes der dortigen Rasengesellschaften gesehen. Ohne dass diese Frage sicher zu entscheiden wäre, ist dennoch festzuhalten, dass die Niederschlagssummen in diesem Gebiet um 500 mm pro Jahr oder sogar darunter liegen. Nimmt man beispielsweise steile Hangneigung, besondere Klüftigkeit und ähnliches hinzu, so ergibt sich ein effektiver Wert, der noch deutlich weniger beträgt. Die Trockengrenze des Waldes wird bei etwa 400 mm Niederschlag pro Jahr gesehen (zu diesem Thema auch Trockenwarme Hangwälder und besonders Steppen-Magerrasen).

Eine bis heute sichtbare klimatische Grenze für den Baumbestand zeichnet sich am 1142 m hohen Brockengipfel ab. Dort ist bei etwa 1050 m die natürliche obere Baumgrenze erreicht. Unterhalb dehnt sich die Kampfzone aus, in der einzelne Fichten in Kümmerform versuchen, ihren Standort zu behaupten. Ihre Entfaltungsmöglichkeiten werden durch beträchtliche Schneelasten, eine sehr kurze Vegetationsperiode und die gelegentlich extremen Windgeschwindigkeiten eingeengt.


Literaturverzeichnis


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Region Braunschweig • Ostfalen. Bildungs- und Informationsprogramm
Impressum  
http://www.region-braunschweig.de/natur/biotope/gr-waldfrei.html, Stand: 10. Juli 2003